Carsten Staub "Für Raser hab ich kein Verständnis"

Mettmann · Der Mettmanner Rechtsanwalt hat sich seit mehr als 20 Jahren auf Verkehrsrecht spezialisiert.

 Rechtsanwalt Carsten Staub hat viel mit Unfallfluchten, aber auch Alkohol und Cannabiskonsum am Steuer zu tun.

Rechtsanwalt Carsten Staub hat viel mit Unfallfluchten, aber auch Alkohol und Cannabiskonsum am Steuer zu tun.

Foto: D. Janicki

METTMANN Der Fall eines bei einem illegalen Autorennen ums Leben gekommenen Mannes aus Mönchengladbach sorgte vergangene Woche für Schlagzeilen. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach wirft dem Fahrer Mord vor. Wir haben mit den Mettmanner Rechtsanwalt Carsten Staub gesprochen.

Herr Staub, was sagen Sie zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft?

Carsten Staub In Berlin sind vor wenigen Monaten in einem Prozess um ein illegales tödliches Autorennen die Angeklagten wegen Mordes verurteilt worden und sollen lebenslang ins Gefängnis. Diese Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig, darüber wird der Bundesgerichtshof urteilen. Ich bin sehr gespannt, was dabei entschieden wird, zumal es erst vor kurzem eine mündliche Hauptverhandlung zu dem "2. Kölner Raserurteil" beim Bundesgerichtshof gegeben hat. In Köln war wegen Fahrlässiger Tötung verurteilt worden.

Haben Sie in Ihrer Kanzlei oft mit Rasern zu tun?

Staub Illegale Autorennen? Eher weniger, kommt aber auch vor oder eben "normale" Geschwindigkeitsverstöße. Die meisten Mandanten, die zu mir kommen, haben z.B. Unfallflucht begangen oder sind alkoholisiert oder unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln z.B. Cannabis Auto gefahren. Oftmals ist der Führerschein entzogen worden und dann ist sprichwörtlich "guter Rat teuer". Meine Aufgabe ist dann die richtige Strategie zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis zu finden.

Warum begehen Autofahrer Fahrerfluchten? Ist das nicht viel zu riskant? Es braucht sich doch nur jemand das Nummernschild aufzuschreiben...

Staub Zunächst denke ich, dass nicht alle Autofahrer schuldig sind, sondern wirklich nichts von einer Kollision z.B beim langsamen Rangieren bemerken oder ehrlich davon ausgehen, es sei kein Schaden entstanden. Bei bewusster Unfallflucht ist die Motivlage sehr unterschiedlich. Das kann ich in einigen Fällen auch nicht verstehen. Ich habe schon von einem Mandanten gehört, dass er einfach nur seinen "Freischuss" bei der Versicherung nicht aufs Spiel setzen wollte. "Freischuss" bedeutet, dass selbst nach einem Unfall die Prämie trotzdem gleich hoch bleibt.

Thema Alkohol am Steuer. Als Sie 1996 angefangen haben, galt ja noch die 0,8 Promille-Grenze...

Staub Ja und damals waren auch noch wesentlich mehr mit Alkohol am Steuer erwischte Fahrer in meiner Kanzlei. Heute spielt Alkohol am Steuer nicht mehr die so große Rolle wie damals. Die Probleme, weshalb Mandaten zu mir kommen, sind heute vielschichtiger.

Welche Probleme sind das?'

Staub Viele vor allem jüngere Männer werden unter dem Einfluss von Cannabis am Steuer von der Polizei erwischt. Ich kann Ihnen sagen, dass die Beamten der Kreispolizeibehörde in Mettmann ein geschultes Auge haben und wissen, wen sie wann und wo anhalten.

Was passiert denn, wenn man "bekifft" am Steuer unterwegs war?

Staub Ohne Fahrauffälligkeiten, zunächst einmal 500 Euro Geldbuße und einen Monat Fahrverbot. Das Problem ist aber - und das wissen nur die wenigsten - auch das zuständige Straßenverkehrsamt erfährt von der Drogenfahrt durch eine so genannte Quermitteilung. Fast immer wird dann die Fahrerlaubnis entzogen und eine MPU, umgangssprachlich "Idiotentest" genannt, angeordnet. Wenn es schlecht läuft, kann der Führerschein für viel längere Zeit weg sein.

Warum?

Staub Cannabis-Konsumenten sind ihren Führerschein oft viel schneller los als alkoholisierte Autofahrer unter 1,1, Promille und die Wiedererteilung ist auch schwieriger. Schon ein Nanogramm THC im Blut reicht für den Entzug der Fahrerlaubnis, das ist auch durch Urteile von Verwaltungsgerichten bestätigt worden. Bei "harten" Drogen, z.B. Partydrogen, reicht der einmalige Konsum. Meist erzählen die jungen Männer und Frauen den Polizisten auch noch ihre "Lebensgeschichte". Wenn man der Polizei etwa erzählt, "ich kiffe nur am Wochenende" oder "ich mache das schon seit Jahren", bleibt das ganz sicher nicht ohne Konsequenzen.

Muss man denn der Polizei alles erzählen?

Staub Die Polizei hört das sicher nicht gerne, aber ich rate jedem, sich zunächst auf seine Schweigerechte zu berufen, keine Auskunft zur Tat zu geben und nicht sofort zu kooperieren. Einen Test des eigenen Schweißes auf Drogen kann man auch verweigern. Auch Übungen wie Finger an die Nase führen usw., muss man nicht mitmachen. Allerdings kann einen die Polizei bei Verdachtslage natürlich trotzdem zu einer Blutprobe mitnehmen und die kann auch zwangsweise entnommen werden.

Verweigern denn viele die Zusammenarbeit mit der Polizei?

Staub Es gibt "polizeierfahrene" Mandanten, die erzählen der Polizei gar nichts. Aber der eben nicht so erfahrene, "normale" Bürger arbeitet mit den Beamten zusammen. Er fühlt sich "erwischt", kooperiert und gibt bereitwillig Auskunft.

Was können Cannabis-Konsumenten denn tun, um ihren Führerschein wieder zu erhalten?

Staub So lange die Gesetzeslage so ist, wie sie ist, kann ich nur eins raten: Abstinenz. Die muss man der Fahrerlaubnisbehörde allerdings nachweisen, d.h. im Regelfall innerhalb eines Jahres vier bis sechs Urinproben bei einem zugelassenen Institut unter Aufsicht abgeben. Sind in einer Probe Spuren von Drogen, beginnt das Jahr von vorne. Und es ist so, jede Urinprobe müssen die Mandanten selbst bezahlen. Wenn man dann noch die MPU und die Vorbereitung dazu rechnet, kommen schnell einige tausend Euro zusammen.

Zahlt das die Rechtsschutzversicherung?

Staub Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt nur Anwalts- und Gerichtskosten. Wenn Vorsatz nachgewiesen wird, sich also jemand absichtlich oder bewusst alkoholisiert oder "bekifft" ans Steuer gesetzt hat, entfällt der Versicherungsschutz rückwirkend. Das gilt aber wiederum nur im Verkehrsstrafverfahren, nicht bei Verkehrsordnungswidrigkeiten. Die Kosten im Zusammenhang mit der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis werden insgesamt nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommen, die muss der Mandant selber tragen.

OLIVER WIEGAND FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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