Mettmann Gladbecker Geiseldrama miterlebt

Mettmann · Kriminaldirektor Ralf Stetza, Chef der Kripo im Kreis, geht in den Ruhestand. In einer Rückschau erinnert er sich an die Schleyer-Entführung im Jahr 1977 und an die Geiselnahme in Gladbeck im August 1988. Sorgen bereiten ihm die Russenmafia und die Internetkriminalität.

Die Kisten mit den Akten und den persönlichen Sachen sind gepackt. In der nächsten Woche ist Feierabend. Dann räumt Kriminaldirektor Ralf Stetza (61) seinen Schreibtisch in der Kreispolizeibehörde und geht in den Ruhestand. Kein leichter Tag für den Chef der Kripo im Kreis Mettmann. Den der Kriminaldirektor war ein Polizist mit Leib und Seele. Im Laufe seiner 44 Dienstjahre hat er Verbrecher festgenommen und verhört, Mord- und Gewalttaten bearbeitet und aufgeklärt, junge Menschen an Fachhochschulen unterrichtet und sein großes Wissen in Kriminalistik und Kriminologie sowie seine Erfahrung im Polizeidienst weitergegeben.

In Dortmund aufgewachsen

Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist Ralf Stetza in Dortmund. "Für mich stand schon sehr früh fest, dass ich Polizist werden wollte", sagt er. Der Nachbar war Polizeibeamter, Stetzas Vater Oberst bei der Bundeswehr. "Dies hat meine Entscheidung, zur Polizei zu gehen mit beeinflusst." Er absolvierte den Grundlehrgang, leistete den Dienst bei der Bereitschaftspolizei in Bochum und entschloss sich 1970 zur Kripo zu wechseln. Im Polizeipräsidium in Wuppertal bearbeitete er Raub- und Diebstahlsdelikte.

Ein Markstein in seinem Berufsleben war die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer im September 1977. Stetza wurde als einer von 1000 Kripobeamten aus der Bundesrepublik nach Köln in den Ermittlungsstab gerufen. "Wir haben die vielen Hinweise aus der Bevölkerung abgearbeitet", erzählt er. Den Ort, an dem Schleyer gefangen gehalten wurde, hätte man fast entdeckt, wenn ein Beamter eine Meldung nicht in die falsche Ablage gelegt hätte. "Ein fataler Fehler", so Stetza. Örtliche Polizisten waren nämlich davon überzeugt, dass Schleyer in einem Hochhaus in Erftstadt-Liblar gefangen gehalten wurde. Es lag in Autobahnnähe, hatte eine Tiefgarage und die Mietzahlungen erfolgten im Voraus. Typisch für die Rote Armee Fraktion (RAF). Diese Einschätzung hatte die Ermittler nicht erreicht. Schleyer wurde von der RAF ermordet.

Und noch ein Erlebnis ist dem Kripochef in Erinnerung geblieben: Mittlerweile Kriminalrat war er 1988 Mitglied in einer Spezialeinheit der Polizei. "Unsere Aufgabe war es, bei Geiselnahmen mit den Geiselnehmern zu verhandeln". Am 16. August 1988 überfielen Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner die Filiale der Deutschen Bank in Gladbeck. "Ich arbeitete damals im Polizeipräsidium in Köln und wurde mit der Spezialeinheit nach Gladbeck gerufen." Zu einem Gespräch mit den Verbrechern kam es nicht. Stetza war während des gesamten Geiseldramas im Kölner Lagezentrum. Er hat die Flucht mit einem Linienbus mitverfolgt, ebenso wie die Ermordung des Fahrgastes Emanuele de Giorgi durch Degowski, die Flucht der Täter mit ihren Geiseln nach Holland und schließlich den Zugriff des Sondereinsatzkommandos auf der Autobahn nahe Siegburg. "Rösner konnte vor seiner Festnahme noch einen Schuss nach hinten abgeben. Die Kugel schlug durch die Hand der Geisel Silke Bischoff und traf sie ins Herz", sagt er. Heute würde die Polizei, so Stetza, eine Geiselnahme sofort zu beenden versuchen. 1993 kam er als Kriminaloberrat in den Kreis Mettmann, war Leiter der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung, arbeitete an der Strukturreform. Was ihm Sorge bereitet, ist die wachsende Gewaltbereitschaft in der Jugendkriminalität, die Beutezüge der Russenmafia, die Internet-Kriminalität. Die Aufgaben der Polizei wachsen, sagt er.

(RP)
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