Mettmann/Wülfrath Hinter Gittern haben "Bosse" das Sagen

Düsseldorf · Auf Schautafeln informiert die Ausstellung über den Lebensalltag der Straftäter im Knast. In der Zelle gibt es keine Klobrille, sondern eine Holzplatte, damit der Gestank nicht ganz so extrem herauskommt.

Neben dem Bett steht ein Schrank, in dem die Häftlingskleidung, das Essbesteck und persönliche Gegenstände aufbewahrt werden. Die Zelle wird von einer Neonröhre beleuchtet. Wenn ein Häftling Kopfschmerzen hat und über eine Klingel um Hilfe bittet, kann das schon mal zwei Stunden dauern, bis ein Wachmann die Zelle aufschließt, sagt Klaus Jünschke.

Aufschluss einmal am Tag

Zum einstündigen Hofgang wird ein "Aufschluss gewährt": Straftäter können sich dann am Tag zwei Stunden besuchen. Allerdings gilt das nur für diejenigen, die in der A-Gruppe sind. In der B-Gruppe, in die man zu Haftbeginn eingestuft wird, hat man zwei Stunden "Umschluss" und darf währenddessen auf die Zelle eines anderen Häftlings. Besonders gefürchtet ist der "Bunker", ein kameraüberwachter Raum, in dem Gefangene bei schweren Verstößen eingebuchtet werden — 24 Stunden am Tag.

Es gibt die Regeln der Anstalt und die Regeln der "Bosse": Muskelbepackte "Gitter-Rambos" haben das Sagen, "Fische" dürfen nicht aufmucken. Sie müssen ihren monatlichen Einkauf abgeben, müssen für die anderen putzen, tanzen, singen oder werden vergewaltigt. "Jeder kackt ab, das darf man nur nicht zeigen. Sonst bis du für immer der Butler", sagt ein Jugendlicher.

Von der Gewalt in den Zellen bekommen die Beamten oft wenig mit. Verraten Häftlinge andere, gelten sie als "Zinker" und dann greifen die brutalen Regeln der Knastbosse. In der Nacht vom 11. November 2006 wurde ein 20-jähriger Insasse in der Justizvollzugsanstalt Siegburg in einer Viererzelle von seinen Mithäftlingen stundenlang gequält, vergewaltigt und erhängt. 681 Gewalttaten im Jahre 2005 im Knast zählt eine Studie des Justzministeriums. Die Dunkelziffer, so Jünschke, ist höher.

(RP)
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