Mettmann/Ratingen "Islam und Demokratie schließen sich aus"

Mettmann/Ratingen · Der Bildhauer Yildirim Denizli ist entsetzt über die Folgen des Putschversuchs in der Türkei.

 Als Kalifen mit grün geschminkten Lippen (Grün ist die Farbe des Islam) - so sieht Yildirim Denizli den türkischen Staatspräsidenten.

Als Kalifen mit grün geschminkten Lippen (Grün ist die Farbe des Islam) - so sieht Yildirim Denizli den türkischen Staatspräsidenten.

Foto: achim blazy

Der türkischstämmige Maler und Bildhauer Yildirim Denizli (70) kann die breite Unterstützung seiner Landsleute für Präsident Erdogan nicht nachvollziehen. Allein 60 Prozent der Türken, die wie er in Deutschland leben, sind seinen Informationen nach Erdogan-Anhänger. "Das tut mir weh", sagt Denizli, der die Brutalität unmittelbar nach dem Putschversuch vom 15. Juli verstörend findet. Dass einem Soldaten, der längst die Waffen niedergelegt hatte, noch der Kopf abgeschlagen wird, dafür fehle ihm jedes Verständnis.

Diese Brutalität, die er als Rückfalls ins Mittelalter empfindet, ist für Denizli ein Kennzeichen des Islam. Im Islam sei das Diktatorische immer schon enthalten, die Menschen seien damit aufgewachsen, erklärt Denizli. Er selbst kam in Ostanatolien zur Welt und kann sich noch an die Schläge erinnern, die er als Kind in der Koranschule bezogen hat. Züchtigung sei dort Alltag, sagt er. Eine seiner prägnantesten Arbeiten heißt Koranschule und nimmt darauf Bezug. Islam und Demokratie gehen einfach nicht zusammen, sagt er. Er ist allerdings auch nicht der Meinung, dass ein Putsch ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung demokratischer Strukturen ist.

Denizli hat an den Akademien von Istanbul und Düsseldorf studiert, ist seit 1973 in Ratingen zuhause und lebt zurückgezogen für seine und mit seinen Schöpfungen in einem Atelier an der Stadtgrenze zwischen Mettmann und Ratingen. Zum Weltgeschehen nahm er bislang eher über seine Arbeiten Stellung. Jetzt aber drängt es ihn doch danach, noch deutlicher Solidarität zu zeigen, und zwar mit jenen, die es derzeit schwer haben in der Türkei.

Er, der selbst eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hat und froh ist über seine "privilegierte Situation in Deutschland", möchte protestieren und erwägt, zumindest symbolisch einen Asylantrag zu stellen. Von Bekannten in Deutschland hat er erfahren, dass deren Angehörige in der Türkei bereits über eine Asylsuche nachdenken, wenn auch nicht unbedingt in Europa.

Den Zuspruch für Erdogan kann Denizli sich nur so erklären: Seine Anhänger steigen seit jeher auf, werden gut versorgt, rücken gerade jetzt verstärkt nach, wenn irgendwo Amtsträger abgesetzt werden.

(hup)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Der Marathon-Mann
Marcel Neubauer leitet das Ordnungsamt in Mettmann Der Marathon-Mann
Zum Thema
Aus dem Ressort