Mettmann "Kolbenkinder" erinnern sich an ihre Jugend

Mettmann · Die Männer und Frauen, die rund um die Düsseldorfer Straße aufgewachsen sind, trafen sich jetzt im Mettmanner Hof.

 Eine verschworene Gemeinschaft: Die "Kolbenkinder" tauschten im Mettmanner Hof wieder viele Erinnerungen aus.

Eine verschworene Gemeinschaft: Die "Kolbenkinder" tauschten im Mettmanner Hof wieder viele Erinnerungen aus.

Foto: Dietrich Janicki

"Bei Kluft konnte man früher anschreiben lassen. Bei Festessen war das nicht erlaubt", sagte Margo Loos, ehemaliges Kolben-Kind, beim beliebten Stammtisch der Mettmanner Senioren im Mettmanner Hof über die Einkaufsgepflogenheiten in Nachkriegs-Mettmann.

Die rüstige Wuppertalerin mit den schönen Augen erinnert sich gerne an ihre Kindheit am Mettmanner Kolben rund um die Düsseldorfer Straße. Und darum ist sie auch gerne der Einladung von Ottokar Iven, dem ehemaligen Mettmanner Bürgermeister, gefolgt. Genauso wie etwa 30 andere Kolbenkinder. Tatsächlich treffen sie sich zweimal jährlich, und das schon seit acht Jahren. Sogar schon ein Buch über die Kolbenkinder hat Rolf Julius geschrieben. "Schließlich haben wir ein Stück der deutschen Vergangenheit erlebt", sagt der Mettmanner über die bewegte Nachkriegsgeschichte. Sein Freund aus Kindertagen, Siegmar Wahnemühl, hält ihn für einen "Wise Frimmel" (liebevoll: Kluger Fachmann), weil er nicht - wie die meisten - auf der Volksschule blieb, sondern die Realschule in Wülfrath besuchte.

Vieles haben die Kolbenkinder gemeinsam erlebt. Sie haben sich mit Knüppeln bewaffnet, Bandenkriege geführt und abends gemeinsam draußen gesessen, bis die Mutter sie rief. "Aber kein Kolbenkind hat ein Kolbenkind geheiratet", stellt Ottokar Iven fest.

Es waren größtenteils Wohnungen in Häusern des Bauvereins, die von den Eltern der Kolbenkinder angemietet worden waren. Da gab es eine verschworene Gemeinschaft, die bis heute die Erinnerungen färbt. "Mein Bruder spielte Klavier", erzählt Ottokar Iven, "und der Junge von nebenan spielte Schlagzeug. Beim Spiel - und wenn die Eltern nicht zu Hause waren - haben beide die Wohnungstüren aufgemacht, damit sie sich besser hören konnten".

Vom wichtigen Ereignis, der Konfirmation, erzählen alle gerne. Vorher waren sie zwei Jahre lang zum Unterricht gegangen, zuerst Katchumenen -, dann im zweiten Jahr Konfirmandenunterricht. Pfarrer Sobotta hat sie alle konfirmiert. Wenn einer etwas ausgefressen hatte, mussten Passagen des Römerbriefs oder des Matthäus-Evangeliums abgeschrieben werden.

Wer nur Wörter ausließ, fiel auf. Wer ganze Passagen ausließ, blieb unbemerkt. Rektor Otto sei der beliebteste Lehrer in der evangelischen Volksschule gewesen, waren sich viele einig. Mit seiner Gitarre und seinem Gesang habe er oft für gute Stimmung gesorgt. Und noch eine Erinnerung hat Ottokar Iven: "Pfarrer Sobotta war in vielen Dingen fortschrittlicher als sein Kirchenvorstand. Er hatte viel Verständnis für uns". Die Kirchenältesten nämlich hatte das Tanzen als Teufelswerk verdammt. Und die CVJM-Burschen im Nachkriegsmettmann gingen nach Wülfrath, um Tanzen zu lernen. Allerdings, tanzen lernen konnte man auch bei Tanzlehrerin Trumm bei der VHS in Mettmann.

(gund)
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