Noch immer ziemlich beste Freunde

Mettmann · Flüchtlinge fanden ein neues Zuhause. Es gab und gibt große Unterstützung bei Mettmannern.

 RP-Redakteur Christoph Zacharias kümmert sich seit mehr als einem Jahr um fünf Flüchtlinge. Jeder von ihnen hat eine Arbeitsstelle gefunden.

RP-Redakteur Christoph Zacharias kümmert sich seit mehr als einem Jahr um fünf Flüchtlinge. Jeder von ihnen hat eine Arbeitsstelle gefunden.

Foto: Janicki, Dietrich

Im Dezember 2015 hatte ich berichtet, dass meine Familie größer geworden ist. Fünf junge Flüchtlinge waren dazu gestoßen. Gebrehns (30) aus Eritrea, Mohammed (28) aus Syrien, Kamil (24) aus dem Irak, Yamo (23) aus Afghanistan und Silvester (22) aus Nigeria. Ein Jahr ist vorbei, wir sehen uns immer noch, allerdings nicht mehr so häufig wie früher.

Und das ist gut so. Denn die Jungs sind selbstständiger, selbstbewusster und ja, ich muss das sagen, "deutscher" geworden. Mohammed ist jetzt als Flüchtling anerkannt. Der kleine, quirlige staatenlose Palästinenser, der schon früher in der Gastronomie arbeitete, hat nach einem gut verlaufenen Praktikum mittlerweile einen Jahresvertrag auf Gut Höhne erhalten. Die Familie Reucher hat ihn offen und vorbehaltlos aufgenommen. Er ist richtig aufgeblüht und spricht mittlerweile mit mir nur noch Deutsch. Mohammed hat eine kleine Wohnung in Mettmann-Süd bezogen, die ihm von Mettmanner Flüchtlingshelfern vermittelt wurde.

Kamil, der ruhige Jeside: Er musste miterleben, wie der IS Menschen aus seiner Region tötete und viele in die Berge trieb, wo sie verdursteten und verhungerten.

Er ist ebenfalls anerkannt, arbeitet seit Monaten fest bei der Garten-und Landschaftsbaufirma Adolphy in Metzkausen und hat Freunde unter seinen Arbeitskollegen gefunden. Mit der deutschen Sprache hapert es noch ein wenig, doch er versteht fast alles. Auch er hat eine kleine Wohnung, die ihm das Ehepaar Knell (Firma van der Grinten) vermittelt hat. Sein Arbeitgeber schätzt seine ruhige und zuverlässige Art. Yamo, der seinen Vater und seinen Onkel bei einem Bombenanschlag der Taliban in Kabul verloren hat, ist seit Ende Oktober bei der Garten- und Landschaftsbaufirma Wolf und Jäger in Mettmann beschäftigt. Die Firmeninhaber möchten, dass er dort weiter arbeitet und haben ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten, den Yamo unterschrieben hat. Er sei zuverlässig, pünktlich, immer gut drauf und eifrig, sagt Klaus Jäger.

Silvester, der von einer Fußballerkarriere geträumt hat, spielt in der 2. Mannschaft von ASV Mettmann. Gerade absolviert er ein Praktikum bei der Installateurfirma Kranz in Mettmann und hat fest vor, arbeitstechnisch in der Kreisstadt Fuß zu fassen. Gebrehns, der ein Praktikum beim Malerbetrieb Nelles mit Erfolg absolviert und einen Ausbildungsvertrag angeboten bekommen hat, will erst mal richtig Deutsch lernen und dann eine Ausbildung starten. Er ist ehrgeizig und wird seinen Weg machen. Ja, und dann sind da noch Zerit (39) und Ftwi (20), beide aus Eritrea. Die gehören mittlerweile auch zur Familie. Beide kamen mit dem Boot über das Mittelmeer, so wie Gebrehns. Auch sie flohen vor Willkür und dem menschenverachtenden Regime in Eritrea. Zerit ist mittlerweile fest angestellt beim Malerbetrieb Nelles und Ftwi (wird Futui ausgesprochen) hat Arbeit beim Garten- und Landschaftsbaubetrieb Niedieck in Metzkausen gefunden.

Auch wenn die Willkommenskultur vom August/September 2015 der Realität Platz gemacht hat: Die Flüchtlinge fühlen sich nach wie vor in Mettmann wohl. "Wir wurden und werden mit offenen Armen aufgenommen", sagt Mohammed. Viele Mettmanner unterstützen und helfen den Flüchtlingen. Es wird differenziert und nicht verallgemeinert - auch nicht nach dem Anschlag von Berlin. Noch was: Ausländerbehörde, Sozialamt, VHS und Integration Point helfen - unbürokratisch. Die Jungs versuchen, sich zu integrieren. Sie haben geholfen, den Maibaum auf dem Markt aufzustellen, sie halfen beim Auf- und Abbau von Bänken und Tischen anlässlich der Eröffnung der Fußgängerzone und beim Erbsensuppenverkauf der Feuerwehr auf dem Blotschenmarkt. Das sind zwar Kleinigkeiten, doch sie zeigen, dass sie sich nicht verstecken, sondern dazugehören wollen. Alle sind hilfsbereit und zuverlässig. "Die Deutschen sind immer pünktlich", sagt Gebrehns. Und man merkt, dass ihm das imponiert. Kürzlich musste ich herzhaft lachen. Ich traf ihn und fragte, "wie geht es dir?" Die Antwort: "Am besten gut." Wir werden heute Abend wieder in die Kirche gehen, beten und an die Menschen denken, denen es nicht so gut geht. Die Welt können wir nicht retten, aber ein bisschen besser machen.

(RP)
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