Mettmann Ruhige Kugel schieben? Auf keinen Fall!

Mettmann · Die Kegelgruppe "Die Frühreifen" trifft sich seit 24 Jahren. Die Jüngste von ihnen ist 72, die Kapitänin 100.

 Der Kegelklub "Die Frühreifen" um die 100-jährige Liesel Dörfler (Mitte) schiebt keine ruhige Kugel.

Der Kegelklub "Die Frühreifen" um die 100-jährige Liesel Dörfler (Mitte) schiebt keine ruhige Kugel.

Foto: Dietrich Janicki

Routiniert und präzise geht es auf der Parkettbahn zu. An diesem Spieltag hat Liesel Dörfler nicht einen einzigen Pudel geworfen. Liesel ist die sagenhaft sportliche Kapitänin einer außergewöhnlichen Kegel-Frauschaft. Vor ein paar Wochen feierte Liesel ihren 100. Geburtstag.

Ihr Team besteht aus Gertrud, Erna, Jutta, Edith, Erika, Sabine, Hanny, Ilse und Helge. Die Jüngste der Kegelschwestern zählt gerade einmal 72 Lebensjahre. Erst seit kurzem hat diese Gruppe auch einen Namen: "Die Frühreifen" verkündet Helge. Sie ist die eine, die auf diesem kegelnden Schiff die Sachen regelt: "Der Name ist mir eben eingefallen. Uns hat noch nie jemand danach gefragt." Dabei kegeln sie seit 24 Jahren zusammen.

Wie es sich für eine richtige Kegelrunde gehört, fährt man gemeinsam auf Reisen. Auf diese Weise lernten sie bereits Amsterdam, Weimar, Delft und Brügge kennen. Gerade ist die diesjährige Fahrt in Planung. Vier Ziele stehen zur Auswahl, aber da die Riege an diesem Nachmittag nicht komplett ist, wird die demokratische Abstimmung vertagt, sagt Helge: "Darum gibt es bei uns auch nie Gemaule."

Im September des Jahres 1990 taten sich die Freundinnen, die sich damals schon 40 Jahre kannten, zusammen, erinnert Helge: "Es resultierte daraus, dass unsere Männer jeden Freitag einen Stammtisch in Metzkausen hatten. Irgendwann haben wir gesagt: Das geht so nicht. Wir wollen auch etwas machen!" Die Frauen beschlossen einen monatlichen Kegeltreff. Diesem Modus blieben sie seither treu. Und noch eine Regel hat sich fest etabliert: erst wird zwei Stunden gekegelt, dann eine Stunde gegessen.

Wo die eine Keglerin für den Erfolg mittels zweihändiger Technik auf brachialen Schwung setzt, bevorzugt die andere eine filigrane Drehung aus einem Handgelenk heraus, das ist schon bei den ersten Würfen zu beobachten. An einem Spieltag werden so alle gängigen Kegelspiele wie hohe und niedrige Hausnummern werfen oder Fuchsjagd einmal durchgespielt. Dabei geht es um reines Vergnügen und nicht ums Konkurrieren. Gegen andere Mannschaften anzutreten, kommt den Freizeitkeglerinnen nicht in den Sinn. Über das Hobby sind sie zu einer Großfamilie zusammengewachsen.

Die Spieleinsätze werden natürlich schwesterlich geteilt und für die Jahresfahrt gespart. Eines stellt Helge noch klar: "Jungs wollen wir hier nicht haben. Die sind zu gut für uns und haben zu viel Kraft."

Ihr Gastgeber im Restaurant Bergklause an der Bergstraße 1 ist Anestis Tokanidis, der dort seit genau 20 Jahren seine Kegelbahn vermietet. Er zeigt sich von der weiblichen Willensstärke beeindruckt: "Zusammen sind die zehn Damen genau 800 Jahre alt. Solche Kegelclubs gibt es in Deutschland nicht viele."

Aktuell spielen 31 Clubs auf seiner Kellerbahn: "Mit dem Kegeln wird es eher weniger und es sind eher die älteren Leute, die spielen."

Doch er schwört weiter auf die Freundschaften ermöglichende Kraft des Kegelns. In seiner Jugend in Griechenland war ihm dieser Sport noch unbekannt: "Dort gibt es nur Sirtaki." Seit dem Jahr 1985 entwickelte er sich zum wirklich veritablen Kugelexperten und betreute bisweilen 128 Clubs zur gleichen Zeit.

Beim Spielstil der Geschlechter fiel ihm immer nur ein Unterschied auf: "In der Mitte der Woche spielen eher die Frauen und die Männer am Wochenende."

(lard)
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