Mettmann Schroffe und kraftvolle Skulpturen

Düsseldorf · Im Kunsthaus Lohstraße präsentieren Michael Dekker und Kerim Cinar 25 Arbeiten.Scheinbares Chaos erweist sich als durchschaubare Ordnung. Der Betrachter entdeckt Fragmente der Zivilisation.

Das Stammpublikum des Kunsthauses Mettmann mag sich bei der Vernissage von Michael Dekker und Kerim Cinar erst einmal verwundert die Augen gerieben haben: 25 Skulpturen "bewohnen" die Räume und haben ihnen eine völlig neue Atmosphäre verliehen.

Der rechte Raum zeigt die ästhetisch-luftigen Arbeiten von Kerim Cinar. Seine scheinbar überwiegend aus Stäbchen, Röhren oder anderen gleichförmigen Fundstücken gefertigten Arbeiten ordnen sich keinem bestimmten Muster unter. Dennoch fügt sich das scheinbare Chaos zu einer undurchschaubaren Ordnung, entwickelt Dynamik, Form und eine ganzheitliche Ausrichtung, die an architektonische Stahl-Konstruktionen erinnert. Mit sichtbarer Freude führt der 1980 in Icel/Türkei geborene junge Künstler sein Publikum in die Irre, wenn es um Material, Arbeitstechnik und Gewicht seiner Werke geht.

Aluminium statt Styropor

Was eindeutig nach mit Heißkleber verbundenen Bambusrohren aussieht, ist eine in einem Stück gegossene Bronze-Skulptur (Nr. 11). Ein federleicht wirkendes Styropor-Werk unter der Decke, das scheinbar gerade vom Wind davongetragen wird, besteht tatsächlich aus massivem Aluminium. Ein anderes Werk, offenbar aus geschwärztem Eisen, besteht schlicht aus Kunststoff-Strohhalmen.

Kerim Cinar absolvierte ein Kunststudium mit Bachelor-Abschluss an der Universität Mersin in der Türkei. Seit 2007 studiert er ebenso wie Michael Dekker in der Klasse von Professor Tony Cragg an der Düsseldorfer Kunstakademie. Der Lebenslauf von Michael Dekker ruft zunächst Verwunderung hervor: 1983 in Ludwigshafen geboren, machte er zunächst eine Ausbildung zum staatlich geprüften Landwirt. Parallel zu seinem Studium an der Kunstakademie studiert er in Duisburg Geologie. Betrachtet man seine Arbeiten, fügen sich die scheinbar verschiedenen Richtungen zu schlüssigen Ergebnissen zusammen. Michael Dekkers Interesse gilt der Natur, der Musik und der Technik. Seine Skulpturen sind schroff und kraftvoll, scheinen von elementaren Schwingungen durchdrungen (etwa der "Singende Arm"). Die Formen erinnern an Gesteinsschichtungen, Metalladern, die Hebung gewaltiger Erdmassen, die zutage fördern, was längst darin begraben war. Der Betrachter entdeckt Fragmente der Zivilisation, einen Kühlergrill vielleicht, oder Teile eines Hochhauses. Märchenhaft wie eine Theaterkulisse wirkt die Bronzeskulptur "Stratification of dream". Aus scheinbar grob behauenem Stein ragen blank gewachste Plattformen. Die aufwändigen Arbeitsschritte des Künstlers, um als Bronzeguss sichtbare Zeichen der Urgewalt der Natur in handliches Format zu übertragen, stellen zugleich Fragen nach dem Tun in der modernen Gesellschaft. Eine beeindruckende Ausstellung

(RP)
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