Lokalsport Kletter-Nachwuchs erstürmt Hilden

Mettmann · Zwei Tage kämpfen die besten jugendlichen Kletterer in der "Bergstation" um den Deutschen Jugend-Cup.

 Hannah Meul aus Köln ist die Einzige, die auch die ganz schwere Passage an der Kletterwand meistert. Ihr Lohn: Lauter Jubel und der Sieg im "Lead"-Klettern.

Hannah Meul aus Köln ist die Einzige, die auch die ganz schwere Passage an der Kletterwand meistert. Ihr Lohn: Lauter Jubel und der Sieg im "Lead"-Klettern.

Foto: Falk janning

Konzentriert baut sich Sophie Dietrich vor der 20 Meter hohen Wand auf, die sie gleich mit ihren Fingerspitzen erobern will. Ihr Blick wandert nach oben. Eine halbe Minute Zeit hat die 16-jährige Düsseldorferin, um sich ihre Route an die Spitze zu überlegen, die Punkte zu finden, wo sie die Hände ausschütteln kann, danach bleiben ihr sechs Zeigerumdrehungen, um bis an die Spitze zu klettern. Sie studiert Griffe und Tritte, ihre Hände bewegen sich dazu in der Luft. Dann umfasst sie den ersten Griff und startet den Angriff auf die Spitze. Sie setzt die Füße an die überhängende Wand, holt mit einer Drehbewegung Schwung und hangelt sich spinnenartig zu den nächsten Griffen.

Sophie Dietrich gehört zu Deutschlands besten Nachwuchskletterern und startet beim Deutschen Jugendcup, der für zwei Tage Station in der Kletterhalle Hilden macht und in der Disziplin Over all ausgetragen wird, die aus Lead (Sportklettern mit Seil), Speed (die Geschwindigkeit entscheidet über den Sieg) und Bouldern (Freiklettern ohne Seil in Absprunghöhe über der Weichbodenmatte) besteht.

Vor der Wand herrscht eine friedliche und äußerst entspannte Beachatmosphäre. Aus den Boxen wummert basslastige Musik. Die Kletterer, die gerade Pause haben, sitzen lässig in dem aufgeschütteten Sand. Viele sind weiß eingestaubt von dem Magnesiumpulver, das sie benutzen, um einen besseren Halt zu bekommen. Sie schauen sich gemeinsam mit den Besuchern den Lead-Wettbewerb der A-Jugend an, der hochklassig und packend ist. "Super, weiter, jetzt hast du es", rufen sie Sophie Dietrich zu, die inzwischen in mehr als 15 Metern Höhe die Schikane erreicht, an der bislang alle Konkurrentinnen gescheitert sind. Ihre linke Hand klammert sich an einem Griff, ihre rechte holt sich neues Pulver, die Zehen ihres rechten Fußes klammern sich an einen winzigen Vorsprung.

Um den nächsten Schritt zu schaffen, muss sie zum Sprung ansetzen. Auf der schmalen Trittfläche geht sie leicht in die Hocke, erreicht den Griff über ihr, bekommt ihn aber nicht zu fassen und stürzt in das Seil, das sie sichert. Die Kraft hat nicht gereicht. Sophie Dietrich ist nicht traurig. Sie wird von den Konkurrentinnen gefeiert. Sie sieht den Klettersport nicht als Konkurrenzkampf. Es sei eher ein Mit- als ein Gegeneinander, sagt sie. "Mir ist die Platzierung nicht so wichtig, wenn ich alles gegeben und eine gute Leistung gezeigt habe." Am Ende wird die Düsseldorferin Zehnte.

Klettern ist für die 16-Jährige nicht nur ein Sport, sondern auch ein Lebensgefühl. Vor fünf Jahren hat sie mit dem Sport begonnen und schnell gemerkt, dass das ihr Ding ist. Das Interesse für den Klettersport kam durch einen Ausflug in eine Kletterhalle beim Kindergeburtstag einer Freundin. Sie ist fasziniert von den kraftraubenden Bewegungen, von den immer wieder neuen Herausforderungen, von Körperbeherrschung und Abwechslung. "100-Meter-Läufer absolvieren immer die gleiche Strecke, wir müssen immer wieder eine andere überwinden", sagt sie. Drei- bis viermal die Woche trainiert sie für mehrere Stunden.

Mit der späteren Siegerin Hannah Meul aus Köln überwindet unter dem lauten Jubel der Zuschauer nur eine einzige Athletin die schwierige Passage, an der Sophie Dietrich und die anderen zuvor gescheitert sind. Hannah Meul gehört zu den derzeit besten Sportklettererinnen Deutschlands und gilt wie einige andere aus dem Nationalkader als Kandidatin für die Olympischen Spielen in Tokio. Dort werden 2020 erstmals Medaillen im Sportklettern vergeben.

Dorthin möchte auch Jonas Brandenburger aus Solingen, der sich bei der männlichen A-Jugend in einem ebenso spektakulären Wettbewerb an die Spitze setzt. Mit seiner Größe und Athletik bringt er die optimalen Hebelvoraussetzungen für die Sportart mit.

Eines ist sicher: Alle Besucher des zweitägigen Spektakels waren so begeistert von dem Ambiente und dem Sport, dass sie sich die Deutsche Meisterschaft der Frauen und Männer im November dieses Jahres an gleicher Stelle sicherlich nicht entgehen lassen werden.

(faja)
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