Vertriebsleiter Oliver Schläbitz im Interview Hildener Stadtwerke-Kunden ernten jetzt Sonne

Mettmann · Hildens Energieversorger hat ein neues Geschäftsfeld. Der Vertriebschef ist von der großen Resonanz positiv überrascht.

Die Stadtwerke Hilden standen bisher für die Versorgung mit Gas, Wasser und Ökostrom. Jetzt verkaufen oder verpachten Sie auch Solaranlagen im Kreis Mettmann und den angrenzenden Städten. Warum?

Schläbitz Wir stehen seit mehr als 130 Jahren im Geschäft. Der Wettbewerb in den letzten Jahrzehnten hat den Kampf um Marktanteile verschärft. Wir müssen unser Unternehmen für den Kunden immer neu erlebbar machen, ihm Neues bieten.

Sie haben vor zwei Jahren das Projekt "HildenHome" gestartet, bei dem die Stadtwerke Lösungen zur Fernsteuerung des Hauses bieten. . .

Schläbitz Das war unser erster Schritt, den Dialog mit den Kunden zu beleben. Die Riesenresonanz haben wir damit zwar nicht gefunden - wenige Pakete sind bisher verkauft. Aber wir haben gemerkt, wieder im Gespräch zu sein. Es gilt: Themen besetzen, sonst macht es jemand anderes. Und so geht es weiter über die klassische Energieberatung bis hin zu Elektromobilitätslösungen.

Und dabei kam dann die Photovoltaik ins Spiel?

Schläbitz Als die Einspeisevergütung hoch war, gab es einen regelrechten Hype. Jetzt ist die Vergütung für die Kilowattstunde Sonnenstrom, die der Kunde ins öffentliche Netz einspeist, niedrig. Aber auch die Preise für die Photovoltaik-Elemente sind gesunken. Jetzt sollte das oberste Ziel sein, den auf dem Dach produzierten Strom im Haus zu halten. Der kostet mit 14 Cent etwa die Hälfte des bezogenen Stroms. In der Differenz liegt die Einsparung für den Kunden. Und für uns in der Langfristigkeit der Kundenbeziehung.

Aber wenn Sie jetzt die Kundschaft ermuntern, den eigenen Strom selbst zu produzieren, sägen Sie doch an dem Ast, auf dem Sie sitzen.

Schläbitz Indem wir die Solaranlage verkaufen, kommen wir an Kunden - auch neue - heran. Wir sprechen über die Reststrom-Lieferung. Und wir haben ein Thema besetzt. Wenn wir eine Anlage verpachten, ist eine Kundenbindung für bis zu 20 Jahre gesichert. Ich bin überzeugt: Photovoltaik wird ein Riesenthema.

Sie hatten vor drei Wochen zu einem Infoabend eingeladen. Wie war die Resonanz?

Schläbitz Verblüffend. Wir hatten im Vorfeld 6.600 Ein- und Zweifamilienhaus-Besitzer angeschrieben. 130 waren da. So einen Zuspruch habe ich noch nie erlebt. Unser Internetportal "www.hildensolar.de" ist in diesen drei Wochen 600 Mal besucht worden. Konkret sind 25 Angebote angefordert worden - auch aus Nachbarstädten - und es hat schon drei Abschlüsse gegeben. Auch unser Partner ist positiv überrascht. In Gesprächen hat sich gezeigt, dass bei den Kunden der Wunsch nach Autarkie wächst und man zugleich von der Geiz-ist-geil-Mentalität abkommt.

Wie sieht für den Kunden denn der Weg zur Solaranlage aus?

Schläbitz Über das Solarportal gibt es binnen zehn Minuten ein erstes Angebot. Kommt das in Frage, stattet ein Solarteur dem potenziellen Kunden einen Besuch ab. Vor Ort schaut er sich die Elektro-Anlage an und auch den Dachaufbau. Kurzum prüft er die Gegebenheiten genau nach. Erst danach kann ein Vertrag geschlossen werden. Die Pachtlösung hat für den Kunden den Vorteil, dass er sich für 15 Jahre nicht um Wartung und Reparaturen kümmern muss. Das übernehmen wir. Übrigens sind die Photovoltaik-Elemente aus deutscher Fertigung.

Was zahlt denn ein Kunde für die Pacht der Anlage?

Schläbitz Nehmen wir ein Beispiel-Einfamilienhaus. Eine Anlage auf dem Dach liefert zwei Kilowatt peak. Das kostet, ohne Batteriespeicher, rund 4900 Euro. Bei einer Pachtlösung zahlt der Kunde rund 53 Euro im Monat. Durch den selbst verbrauchten Sonnenstrom spart der Kunde 200 Euro und verdient durch die Einspeisung 169 Euro. Und er tut sofort etwas für die Umwelt. Wer einen Batteriespeicher haben will, könnte dafür auch Förderkonditionen der KfW-Bank nutzen. Ohne Speicher dürften 30 Prozent des Solarstroms direkt nutzbar sein, mit Speicher klettert die Eigenstromnutzung auf 70 bis 80 Prozent. Den Reststrom bezieht der Kunde zu den üblichen Konditionen bei uns.

Welche Entwicklungsmöglichkeiten peilen Sie für die neue Solarschiene an?

Schläbitz Derzeit gibt es in Hilden rund 380 Solaranlagen. Die Stadt ist von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägt. Somit gibt es großes Potenzial. Jeder kann im Solarkataster exakt nachvollziehen, inwiefern die Lage seines Hauses günstig ist, eine Solaranlage aufs Dach zu setzen. Wenn wir im ersten Jahr 25 Anlagen absetzen, sind wir zufrieden.

Wie machen Sie nach den ersten drei Wochen weiter?

Schläbitz Wir setzen unsere Marketingmaßnahmen in mehreren Wellen fort. Eine Telefonaktion ist ebenso geplant wie ein Mailing.

(RP)
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