Mettmann Streit auf der Toilette mit teuren Folgen

Mettmann · Im Jahr 1925 bekamen drei Mettmanner im Hotel Vogel Streit. Die Auseinandersetzung endete vor Gericht.

 Das Hotel Vogel war ein beliebter Treffpunkt an der Breite Straße in Mettmann. Heute steht dort ein Imbiss.

Das Hotel Vogel war ein beliebter Treffpunkt an der Breite Straße in Mettmann. Heute steht dort ein Imbiss.

Foto: Stadtarchiv

In Kneipen kann es hoch hergehen. So manch einer schaut schon mal zu tief ins Glas und wenn es ganz schlecht läuft, geht die Streiterei vor der Türe weiter. Aber auf der Toilette? Das ist schon speziell! Und dennoch nicht gänzlich unmöglich. Jedenfalls hätten wir im "Hotel Vogel" an diesem ereignisreichen Novemberabend vor 90 Jahren gerne mal auf besagter Herrentoilette durchs Schlüsselloch geschaut. Denn dort lieferten sich der städtische Beigeordnete Niederhagen, Firmenchef Hermann Oetelshofen und Landwirt Rudolf Hölken ein hitziges Gefecht. Zwischen Pissoir und Klotür sollen sie aufgeregt debattiert haben. Später landete die Angelegenheit jedenfalls vor dem Elberfelder Schöffengericht.

Aber wir wollen hier natürlich die ganze Geschichte erzählen - und die geht so: Am Abend des 7. November 1925 saß in den gut besuchten Räumen des "Hotel Vogel" eine illustre Gesellschaft am Stammtisch. Dazu gehörte neben Honoratioren der Stadt Mettmann auch der Landwirt Rudolf Hölken und der Fabrikant Hermann Oetelshofen. Man plauderte über Politik, über die schlechten Zeiten - und irgendwann war man schließlich beim Dorfklatsch angelangt. Stein des Anstoßes: Die Geschäftsaufsicht, die über eine Mettmanner Firma verhängt worden war. Die Stadtverwaltung hatte für diese Firma eine Bürgschaft von 600.000 Reichsmark übernommen - was offenbar längst nicht allen Stammgästen in den Kram passte.

Vor allem Kalkwerkchef Hermann Oetelshofen und Landwirt Rudolf Hölken sollen diejenigen gewesen sein, die der Stadtverwaltung lautstark die Leviten gelesen haben. Der damalige Beigeordnete der Stadt Mettmann, Niederhagen, saß ebenfalls mit am Tisch und meinte, das Vorgehen der Stadtverwaltung verteidigen zu müssen. Es kam zu einer etwas hitzigen Debatte, die vorerst durch den Bürgermeister einer Nachbargemeinde beigelegt und später auf besagtem Abort weitergeführt wurde.

Zu fortgeschrittener Stunde kam dort die Rede erneut auf städtische Angelegenheiten und Landwirt Rudolf Hölken beklagte das Ausbleiben von Entschädigungszahlungen, die seiner Ansicht nach fällig geworden waren, da ihm die Franzosen zu Zeiten französischer Besetzung einige Karpfen aus dem Teich gefischt hatten. Dazu waren sie auch noch zur Erntezeit durch die reife Frucht geritten. Der städtische Beigeordnete Niederhagen warf seinen Widersachern hingegen vor, sich wie "Rindviecher zu gebärden", sobald sie nur etwas von Behörden riechen würden. Ein Wort gab letztlich das andere und so saß man schließlich ein halbes Jahr später wegen Beleidigung vor Gericht.

Dort hielt Justizsekretär Knigge als Gerichtsschreiber folgenden Sachverhalt fest: "In welcher Weise die einzelnen Beleidigungen aufeinandergefolgt sind, lässt sich mit Sicherheit nicht mehr feststellen." Sicher sei jedoch, dass die Angeklagten Hölken und Oetelshofen - nachdem sie zunächst die Maßnahmen der Stadtverwaltung abfällig besprochen hatten - den Beigeordneten der Stadt Mettmann der Günstlingswirtschaft bezichtigten. Nachdem sich das Schöffengericht der Angelegenheit angenommen hatte, mussten die Angeklagten Hölken und Oetelshofen schließlich jeweils hundert Reichsmark dafür berappen, das sie sich aus Groll gegenüber dem städtischen Beigeordneten Niederhagen zu Beleidigungen haben hinreißen lassen, die gegen einen im Dienste der Öffentlichkeit stehende Beamten kaum schwerer zu denken gewesen seien.

Hinzu kam noch, dass der Beigeordnete Niederhagen das Urteil in der Tagespresse veröffentlichten durfte.

Das wiederum dürfte wohl die Höchststrafe für zwei ehrenwerte Herren und ihre verbalen Entgleisungen auf der Toilette gewesen sein. Aber vielleicht hatte sie doch ein bisschen recht.

(magu)
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