Hannes Wader "Die Toten Hosen bringen mich zum Staunen"

Hilden · Hannes Wader gilt als Liedermacher-Legende. Am 26. September gastiert er in Langenfeld.

 Hannes Wader auf der Bühne

Hannes Wader auf der Bühne

Foto: Michael Petersohn

Herr Wader, eines Ihrer bekannten Lieder heißt "heute hier, morgen dort". Sind Sie mit Mitte 70 immer noch so rastlos? Oder kommen Sie langsam zur Ruhe?

Hannes Wader: Natürlich bin ich mit den Jahren ein bisschen ruhiger geworden. Aber ich bin ja auch immer noch unterwegs und auf Tournee. Nicht mehr so lange und endlos wie früher, aber immerhin noch mit 50 Konzerten im Jahr.

Sie touren ja gerade wieder. Was schätzen Sie an Kleinstadtbühnen?

Wader In kleineren Städten sind die Säle kleiner. Das kommt meiner Neigung zu intimeren Situation entgegen. Nicht, dass ich ungern vor größerem Publikum spiele, aber in der Kleinstadt hat es fast schon etwas Privates. Und es ist auch so: egal, ob großer Saal oder kleiner Saal, ich habe zum Konzertbeginn immer noch ein bisschen Lampenfieber. Dann spiele ich "heute hier, morgen dort", dieses Lied, dass ich auch im Schlaf kann. Es hilft mir, die erste Hürde zu nehmen. Wenn ich das geschafft habe, bin ich nicht mehr so nervös.

Die Toten Hosen spielen Ihr "heute hier, morgen dort" auch auf der ganz großen Bühne. Was macht das mit Ihnen?

Wader Ich freue mich sehr drüber und es bringt mich zum Staunen. Die Toten Hosen sprechen ein anderes Publikum an. Dass die das übernommen haben, finde ich ganz toll.

Sie kennen Campino persönlich.

Wader Ja, natürlich. Wir sind schon zusammen aufgetreten und uns gegenseitig sehr sympathisch. Campino ist unglaublich. Er hat so eine ganz freundliche Art, auf andere zuzugehen. Auch die Atmosphäre backstage ist entspannt. Es ist friedlicher und kollegialer als bei vielen anderen. Die Hosen aber sind ganz entspannte Leute - und wenn sie dann auf die Bühne gehen, lassen sie es krachen.

Wenn man Sie hört, denkt man ja auch an politische Lieder. Wie politisch ist so ein Herbstour-Abend?

Wader Da wird auch das ein oder andere Politische vorkommen, aber das ist nicht mein Schwerpunkt. Ich habe da in der Vergangenheit mal mehr auf die Tube gedrückt, mal weniger. Ich lege Wert darauf, auch Themen zu behandeln, um die es in der Gesellschaft geht oder die mich beschäftigen. Es ist aber nicht schön, in die Schublade politischer Liedermacher gesteckt zu werden. Diesen Widerstand teile ich mit Bob Dylan, auch wenn ich anders als Bob Dylan kein musikalisches Genie bin. Bob Dylan war plötzlich die Stimme der sich wehrenden Weltjugend und wollte das gar nicht sein. Ich kann das verstehen, dass man so eine Rolle nicht gerne übergestülpt bekommt, und ich versuche auch immer, nicht zu sehr den Erwartungen des Publikums zu entsprechen. Damit ich unangepasst bleibe.

Worum geht es in den neuen Liedern?

Wader Ich bin gerade dabei, meine Erinnerungen für mich aufzuzeichnen. Beim Bilanzziehen, da kommt die turbulente Vergangenheit wieder hoch. Davon handelt dann auch das ein oder andere Lied. Alles mit Hinblick darauf, wie war es. Was jetzt wird, über die Zukunft kann ich ja nichts sagen, aber ich fürchte mich davor.

Was macht Ihnen Angst?

Wader Zum Beispiel das europaweite Anwachsen rechter Kräfte. Das scheint mir nicht nur eine Mode oder etwas Vorübergehendes zu sein. Damit werden wir es in der nächsten Zeit verstärkt zu tun haben. Ich hab neulich beim Fernsehen rumgezappt. Da ging es um Wahlkampsitten. Darum, wie sie verrohen, und zwar nicht nur zwischen Clinton und Trump, sondern auch regional. Die Menschen, ob links oder rechts, sie schrecken immer weniger vor Gewalt zurück, um Gegner zu treffen, und zwar auch physisch. Davor fürchte ich mich.

SABINE SCHMITT STELLTE DIE FRAGEN .

(RP)
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