An(ge)dacht Und dann: Sieben Wochen ohne das "sofort"

Mettmann · Alaaf, helau, oder regional auch mal Unterbach I A... so oder ähnlich klingen die freudigen Rufe der Karnevalisten, deren "fünfte Jahreszeit" mit dem Rosenmontag Ihrem Höhepunkt zustrebt.

Karneval und Kirche, das hatte immer schon miteinander zu tun. Ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt, was ich kürzlich gehört habe, dass der Ruf Helau sprachgeschichtlich aus dem Halleluja entstanden ist. Denkbar wäre es schon.

Auf jeden Fall steht der Karneval in Zusammenhang mit dem kirchlichen Kalender und der zu Aschermittwoch beginnenden siebenwöchigen Fastenzeit vor dem Osterfest. Der Fastelovend spielt sprachlich auf das Fasten an und das Wort Karneval mag aus dem Lateinischen kommen und entweder als carne levare in der Bedeutung von "Fleisch wegnehmen" oder als carne vale, gleich "Fleisch adé" auf die fleischlose Fastenzeit hindeuten. In einem Karnevalslied wird es auf den Punkt gebracht: "Am Aschermittwoch ist alles vorbei!"

Wirklich?

Die sieben Wochen vor Ostern können auch eine Bereicherung sein, wenn man sie nur dazu macht. Das will auch die Aktion "Sieben Wochen ohne", die von den evangelischen Nordkirchen ausgehend mittlerweile auch in unseren gemeinden ein fester Bestandteil des Kirchenjahres ist. In der Evangelischen Kirchengemeinde Hochdahl gibt es dazu immer eine Predigtreihe im Gemeindehaus Sandheide. Das diesjährige Motto lautet: "Augenblick mal! - Sieben Wochen ohne sofort."

Augenblick mal! Darf man sich das in unserer schnelllebigen Zeit, in der immer alles sofort geschehen muss noch sagen? Ja, man darf! Immer wieder wird in der Bibel darauf hingewiesen, dass es besondere Augenblicke gibt, in denen man den Fluss der Zeit für einen Moment unterbrechen kann, darf oder soll. Dieses Innehalten hat uns Gott schon ganz am Anfang unserer Zeitrechnung ins Stammbuch geschrieben:

Den siebten Tag segnete der Schöpfer -und ruhte an diesem Tag von seinem Werk. Dazu sind auch wir eingeladen, am Sonntag Gottes Zeit zu feiern bevor es wieder Alltag wird. "Augenblick mal!" - das meint auch, nicht immer dem ersten Impuls zu folgen, sondern sich Zeit zu nehmen, für eine gute Entscheidung, für ein versöhnendes Wort, für eine Geste der Menschlichkeit.

Sieben Wochen ohne das drängende "Sofort" und dafür ein "Augenblick mal", das einem Luft zum Atemholen, Zeit zum Denken und besser Fühlen schenkt.

Der Versuch wär` es wert!

PFARRER LUTZ MARTINI, EVANGELISCHE KIRCHENGEMEINDE HOCHDAHL

(RP)
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