Analyse Viele Mettmanner helfen Flüchtlingen

Mettmann · Wie sieht es mit der vielzitierten "Willkommenskultur" aus? Die Unterkünfte sind hoffnungslos überfüllt. Die Flüchtlinge warten auf eine Entscheidung bezüglich ihres Asylantrages.

 Der Andrang bei der Anmeldung zu den Deutsch-Kursen war groß. Es gibt Flüchtlinge, die gleich mehrere Kurse belegen, um möglichst schnell die Sprache zu erlernen. Die Ehrenamtler leisten eine tolle Arbeit.

Der Andrang bei der Anmeldung zu den Deutsch-Kursen war groß. Es gibt Flüchtlinge, die gleich mehrere Kurse belegen, um möglichst schnell die Sprache zu erlernen. Die Ehrenamtler leisten eine tolle Arbeit.

Foto: Dietrich Janicki

Viele Menschen entdecken derzeit ein ganz neues Gen: das Helfer-Gen. Sie haben erkannt, dass man den Flüchtlingen helfen muss. Politik und Verwaltung können dies nur bedingt leisten. Sie schaffen die Rahmenbedingungen, kümmern sich um die Unterkünfte, um Verpflegung und Geld. Wichtig, ist aber nicht alles. In den Verwaltungen sitzen Menschen, die in direktem Kontakt zu den Flüchtlingen treten. Sei es in den Sozialämtern oder Ausländerbehörden, sei es als Hausmeister. Diese Menschen sind angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge oft im Stress. Gleichwohl müssen sich sie immer wieder selbst überprüfen, ob sie den richtigen Ton treffen und ein Stück der viel zitierten Willkommenskultur darstellen. Zugegeben: Dies ist nicht einfach im Tagesgeschäft. Da muss in bereits engen Unterkünften zusätzlicher Platz für Neuankömmlinge geschaffen werden. Da werden bisweilen Wünsche und Befindlichkeiten geäußert, die man abarbeiten muss, aber nicht immer erfüllen kann. Geschuldet ist dies alles dem Stress in den überfüllten Unterkünften.

In Mettmann gibt es viele Menschen die helfen, und zwar auf ganz unterschiedlichen Ebenen und Gebieten. Da gibt es Ärzte, die fern ab von jeglichem Bürokratismus Patienten aus Afghanistan, Eritrea, Syrien, Pakistan und Nigeria behandeln. Nicht immer müssen blaue und gelbe Zettel von Sozialamt in der Praxis vorliegen, die können auch nachgeliefert werden. Da gibt es Apotheker, die mal eben Insulin für einen Patienten herausgeben und kein Problem damit haben, dass das Rezept nachgeliefert wird. Hebammen, die sich jungen Müttern und ihren Kindern annehmen und dafür sorgen, dass sich Mutter und Kind bei uns wohlfühlen. Sportvereine laden Flüchtlinge ein. Die jungen Menschen können dort beispielsweise Fußball spielen und ein paar Stunden vergessen, dass sie allein sind, ohne ihre Familien. Da gibt es junge Menschen, die sich in einer Facebook-Gruppe in Mettmann zusammengeschlossen haben und Einzelhelfer wie Wolfgang Murjahn, die binnen weniger Tage eine große Kleiderkammer auf der Bollenhöhe im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Boden gestampft haben. Mettmanner spenden große Mengen von Kleidung und Schuhen, Helfer, die bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit gehen, nehmen die Wäsche an, sortieren sie und geben sie an bedürftige Menschen ab. Da Ganze wird professionell gemanagt.

Da gibt es die Ehrenamtler, die Deutschkurse organisieren und leiten und dafür keinen Pfennig nehmen. Oder Ehrenamtler, die in einer Mensa Essen ausgeben. Nicht alle Hilfsleistungen und Helfer können hier genannt werden. Vereine, Verbände und die Kirchen engagieren sich über das normale Maß hinaus. So viel steht fest: Mettmann hilft.

Doch es könnten noch mehr Menschen sein, die direkten Kontakt zu den Flüchtlingen aufnehmen, sie an die Hand nehmen und ihnen Mettmann und unsere Kultur zeigen und näherbringen. Englische Sprachkenntnisse sind erforderlich. Berührungsängste braucht man nicht zu haben. Es ist ganz einfach.

Klar, nicht alle Flüchtlinge werden hier bleiben können, viele werden uns wieder verlassen (müssen), doch die meisten wollen bleiben und Deutsche werden. Sie warten sehnsüchtig auf ihr "Interview", wie sie sagen, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und auf den Stempel, der sie es ihnen ermöglicht, zu arbeiten, Geld zu verdienen und sich dann später ein eigenes Zimmer zu leisten. Und so die Tristesse in den Unterkünften hinter sich lassen.

(RP)
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