Interview mit Sozialdezernent Ulrich Schwab Bachmann "Wir suchen Wohnungen für Flüchtlinge"

Mettmann · Die Stadt Erkrath rechnet in diesem Jahr mit 1,3 Millionen Euro Mehrausgaben für die Betreuung von Zuwanderern.

 Ulrich Schwab-Bachmann ist in Erkrath Dezernent für Schule, Jugend, Sport, Kultur und Soziales und Vertreter des Bürgermeisters.

Ulrich Schwab-Bachmann ist in Erkrath Dezernent für Schule, Jugend, Sport, Kultur und Soziales und Vertreter des Bürgermeisters.

Foto: Dietrich Janicki

Herr Schwab-Bachmann, Sie managen als Sozialdezernent seit Wochen bei der Flüchtlingsunterbringung eine große Herausforderung. Entspannung ist nicht in Sicht. Wie gehen Sie und ihre Mitarbeiter mit der Dauerbelastung um?

Ulrich Schwab-Bachmann Wir sind weiter mit Herzblut dabei und mittlerweile auch personell verstärkt worden. Natürlich müssen andere Aufgaben teilweise zurückstehen oder können erst später erledigt werden. Aber das ist in Zeiten besonderer Herausforderungen nun mal so.

Der Bund hat den Kommunen nun zumindest finanzielle Entlastung versprochen. Ein Tropfen auf den heißen Stein oder eine spürbare Hilfe in einer schwierigen Situation?

Schwab-Bachmann Es ist sicherlich mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, denn die Beschlüsse gehen in die richtige Richtung. Allerdings reichen die angekündigten drei Milliarden Euro, die Länder und Kommunen im nächsten Jahr erhalten sollen, zur Bewältigung der Aufgaben nicht aus. In Erkrath werden dieses Jahr voraussichtlich 1,3 Millionen Euro Mehrausgaben im Sozialbereich für die Betreuung von Flüchtlingen anfallen, das können wir auf Dauer mit der versprochenen Zusatzfinanzierung nicht auffangen.

Glaubt man den Prognosen, wird die Zahl der Asylbewerber auch im kommenden Jahr weiter steigen. Rechnen Sie mit spürbaren Einschnitten bei den freiwilligen kommunalen Leistungen, um die Finanzierung hinzubekommen?

Schwab-Bachmann Ich gehe nicht davon aus, denn auch die Politik hat bisher erkennen lassen, dass es keine Haushaltsberatungen nach dem Motto geben wird: Flüchtlingsunterbringungen zu Lasten öffentlicher Einrichtungen. Allerdings wird die angespannte Finanzsituation weiter Druck auf den freiwilligen Aufgabenbereich erzeugen und sollten tatsächlich die Zahlen so schlecht aussehen, dass Erkrath zu einem Haushaltssicherungskonzept verpflichtet ist, wird man sich mit Einschnitten beschäftigen müssen.

Auch in Erkrath wird händeringend nach weiteren Unterkünften gesucht. Ist da noch viel Luft nach oben oder kommt aus Ihrer Sicht bald der Punkt, wo Sie sagen müssen: Es geht nicht mehr, wir können niemanden mehr aufnehmen. Oder denken Sie womöglich sogar schon über Enteignungen nach?

Schwab-Bachmann Enteignungen sind derzeit kein Thema. Bei den Unterbringungen in festen Gebäuden haben wir allerdings bald das Ende der Fahnenstange erreicht. Wir sind gerade noch mit letzten Umbauten beschäftigt, dann sind schon wieder die nächsten Flüchtlinge dort unterzubringen. Zudem sind wir immer auf der Suche nach anzumietenden Wohnungen oder geeigneten Immobilien. Es stellt sich vermehrt die Frage nach provisorischen Unterkünften, wenn die jetzigen Möglichkeiten nicht mehr ausreichen.

Wo ist aus Ihrer Sicht am ehesten Handlungsbedarf? Was müsste passieren, um die Kommune zu entlasten?

Schwab-Bachmann Es müssten erheblich mehr Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen werden, damit die Kommunen nur noch Asylbewerber und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive erhalten. Um diese dann besser integrieren zu können, ist ein höheres finanzielles Engagement des Bundes zur würdigen Unterbringung vor Ort notwendig. Außerdem ist eine deutlich bessere Personalausstattung für Deutschkurse und in Schulen erforderlich, um in sogenannten "Seiteneinsteigerklassen" mehr Lehrkräfte für Deutschunterricht zur Verfügung zu haben.

DIE FRAGEN STELLTE SABINE MAGUIRE

(magu)
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