Mönchengladbach 70 Millionen Euro für Erziehungshilfen

Mönchengladbach · In Mönchengladbach sind es vor allem Hartz-IV-Empfänger, die mit der Erziehung ihrer Kinder nicht zurecht kommen. Die Ausgaben für ihre Unterstützung stieg in zehn Jahren auf das Doppelte an. Jetzt soll auch hier gespart werden.

Vor zehn Jahren waren es noch 35,1 Millionen Euro, in diesem Jahr wächst der städtische Ausgabenposten wohl auf das Doppelte an. Mehr als 70 Millionen Euro zahlt die Stadt, weil Familien mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind und deshalb Unterstützung brauchen. Das ist ein dicker Posten - nicht nur für eine Stadt mit Haushalssicherungskonzept. Deshalb soll auch in diesem Bereich gespart werden. Dass dies möglich ist, würden andere Städte mit ähnlichen Sozialstrukturen, aber geringeren Ausgaben zeigen, sagt ein Beratungsunternehmen, das von der Gemeindeprüfungsanstalt beauftragt wurde, Einsparpotenzial aufzuzeigen. "Gelsenkirchen hat zum Beispiel eine weitaus höhere Dichte an Hartz-IV-Empfängern, gibt aber weniger für Hilfen zur Erziehung aus", sagt der finanzpolitische Sprecher der CDU Fred Hendricks. Seine Fraktion unterstützt daher das Bestreben, die Unterstützungsangebote in Mönchengladbach effizienter und wirksamer zu gestalten. Hendricks sagt aber auch: "Das geht nur mittel- bis langfristig."

Mönchengladbach ist und bleibt eine Stadt mit schwierigen Sozialindikatoren: Die Zahl der Menschen, die Leistungen nach SGB II beziehen ist überdurchschnittlich hoch, die Zahl der Alleinerziehenden, der jungen Arbeitslosen und der Verschuldeten ebenso. Bei den Menschen ohne Schulabschluss ist Mönchengladbach sogar Spitzenreiter. "Dazu kommen noch viele, die nur bis zur neunten Klasse die Schule besucht haben. Für sie ist es schwierig, eine Arbeit zu finden", sagt Sozialdezernentin Dörte Schall. Sie weiß: In Mönchengladbach gibt es vor allem viele deutsche Familien, die Hartz-IV beziehen, kein strukturiertes Leben kennen und wohl auch deshalb mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind. "In anderen Städten betrifft das eher Familien mit Migrationshintergrund", sagt sie.

Jetzt sollen in Mönchengladbach, das mit den "Frühen Hilfen" und dem "Home"-Projekt schon viel Präventionsarbeit leistet, zum Beispiel die Sozialarbeiter, die im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) tätig sind, reduziert werden und gleichzeitig effizienter arbeiten. So schlägt es das Beratungsunternehmen vor. Doch laut Dörte Schall ist gerade die Arbeit als Sozialarbeiter in der Familienhilfe so verantwortungsvoll, dass Neuanfänger in dem Job erst einmal nur mit einem erfahrenen Kollegen zusammen einen Fall übernehmen. "Die Sozialarbeiter sind persönlich für das Leben eines Kindes verantwortlich und haften für Fehlentscheidungen", sagt die Dezernentin. Deshalb gebe es gerade in diesem Bereich, in dem man eigentlich erfahrene Kräfte brauche, eine enorm hohe Fluktuation. Auch SPD-Fraktionschef Felix Heinrichs sieht das Dilemma: "Damit einher geht ein unglaublicher Wissensverlust", sagt er.

Nicht nur die Fluktuation ist beim ASD groß, es gibt auch zahlreiche unbesetzte Stellen. Der Personalrat gibt die Zahl der fehlenden Sozialarbeiter mit zwölf an und bezieht sich dabei auf eine Untersuchung von Gutachtern. "Die beim ASD der Stadt beschäftigten Sozialarbeiter haben deshalb mehr Fälle zu bearbeiten als ihre Kollegen in anderen vergleichbaren Städten", sagt Personalratsvorsitzender Peter Heller.

Heinrichs glaubt, dass für eine Optimierung bei den Hilfen zur Erziehung anfangs sogar mehr Geld ausgegeben werden müsste. Schließlich gehe es um Kindeswohl.

(RP)
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