Mönchengladbach 75 Jahre Drekopf - 75 Jahre Wandel

Mönchengladbach · Vom Altpapierhandel zum innovativen Recyclingsunternehmen: Der Engelblecker Entsorger treibt seine Neuausrichtung weiter voran. Doch mit zusätzlichen Kunden wie Rewe und neuen Geschäftsfeldern wachsen auch die Herausforderungen.

 Thomas Haubrichs ist seit über zehn Jahren in der Geschäftsführung von Drekopf.

Thomas Haubrichs ist seit über zehn Jahren in der Geschäftsführung von Drekopf.

Foto: Detlef Ilgner, Isabella Raupold

". . . Alles außer Tiernahrung". Ob das 20-Prozent-Rabattversprechen auf (fast) das gesamte Sortiment Praktiker nun einst das Genick gebrochen hat oder nicht: Der Werbeslogan war extrem einprägsam. Und er könnte, leicht abgewandelt, auch auf den Engelblecker Entsorger Drekopf angewendet werden: ". . . Alles außer Atommüll", könnte er etwa lauten. Wobei nicht einmal das vollends stimmt. "Bei der Entsorgung von Medizinabfällen sowie Elektroschrott sind wir regelmäßig mit dem Thema Radioaktivität befasst", sagt Geschäftsführer Thomas Haubrichs.

Von ein paar Ausnahmen wie Sprengstoffentsorgung und Kunststoffrecycling abgesehen, lässt sich also sagen: Die Diversifizierung des Unternehmens, das einst als reiner Altpapierhandel begann, in die Breite ist vollzogen. Zeit, im 75. Jahr des Bestehens - Anfang November wird das Jubiläum intern und ohne viel Brimborium gefeiert - einmal einen Blick auf die mittlerweile immense Angebotspalette zu werfen. Die wächst gerade dieser Tage noch einmal ganz maßgeblich: Seit Anfang Oktober ist Drekopf verantwortlich für die NRW-weite Entsorgung von Müll und Speiseresten aller Rewe- und Penny-Märkte, rund 650 Filialen. "Preislich lagen wir auf Platz drei", sagt Haubrichs über die Ausschreibung. "Die Tür geöffnet hat uns das Einsparpotenzial, das wir liefern." Wird der Müll vernünftig getrennt? Sind die Tonnen groß genug? Gibt es genug oder vielleicht sogar zu viele? Kundenfragen, die Drekopf nicht erst kompetent beantworten kann, seit Seniorchef Werner Haubrichs seine Kinder Thomas und Nicole (Finger) mit in die Führung eingebunden hat und die Firma dadurch einen Kulturwandel erfuhr.

Ebenfalls neu: Ab 1. Januar wird der überregionale Komplettentsorger (17 Standorte) Premiumpartner des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) am Niederrhein. Das Standbein hiesige Gastronomie war bisher noch wenig ausgeprägt, "auch wenn wir in der Lebensmittelbranche Kunden wie Haribo, Ferrero, Lindt und Dr. Oetker haben". Mit der Übernahme der Firma Hennemann wurden die Kompetenzen bei der Erstbehandlung von Elektroschrott erweitert. Seit 1. Januar dieses Jahres ist Drekopf Sperrmüllentsorger in Gladbach, und in mittlerweile 13 Kommunen, vorrangig am linken Niederrhein, als Städtereiniger aktiv. Vorwiegend in kleinen Kommunen, die ihre Leistungen nicht an Tochterunternehmen vergeben können, wie Gladbach es mit der GEM tut.

50 Millionen Euro Jahresumsatz macht Drekopf pro Jahr in der Vitusstadt, 180 Millionen über die Gruppe hinweg. Der Fuhrpark ist einer der modernsten der Branche, die Firma ist zweitgrößter Medizinentsorger in NRW, verfügt über eine der größten Aufbereitungsanlagen für Speisereste am Niederrhein. Die Mitarbeiterzahl ist auf 160 (Gladbach) bzw. 700 (Gruppe) gestiegen. "Wir sind eine innovative Mischung aus Logistiker und Entsorger", sagt Haubrichs. Drekopf zeichnet verantwortlich für die Reinigung des Flugfelds am Düsseldorfer Airport und bildet mittlerweile selbst Berufskraftfahrer aus. Der Regiopark sei "Fluch und Segen zugleich": Dort sitzen Kunden, aber eben auch Konkurrenten, die bisweilen um dieselben Leute wetteifern.

Und damit kommt Haubrichs, nach dem Knatsch mit Verdi im Frühjahr - mittlerweile gibt es einen Betriebsrat - auf die Herausforderungen für die Zukunft zu sprechen. Langsam gerate man an die Grenzen der familiären Unternehmensführung, "uns hemmt das Nichtvorhandensein neuer Führungskräfte". In einigen Berufen gibt es Nachwuchssorgen, die Außendarstellung müsse der erfolgten Wandlung von der "Müllabfuhr" zum komplex arbeitenden Entsorgungs- und Recyclingunternehmen noch letzte Rechnung tragen. Und den Kunden gelte es, nach dem Preiskrieg der letzten Jahre, wieder die Wertschätzung für eine vernünftige Entsorgung abzugewinnen. Vielleicht fehlt ja nur ein einprägsamer Werbespruch . . .

(RP)
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