Mönchengladbach Abberufung von Wurff: Die wichtigsten Fragen

Mönchengladbach · Das erste Mal könnte am Montag ein Beigeordneter in der Stadt abgewählt werden. Noch ist nicht klar, ob es eine geheime Abstimmung geben wird. Das Vorschlagsrecht bei einer möglichen Neubesetzung liegt bei der CDU. Bereits nächste Woche könnte die Stelle ausgeschrieben werden.

 Das Foto entstand in guten Zeiten: Andreas Wurff (l.) im März 2010, als ihn der Rat einstimmig zum Beigeordneten wählte. Da waren auch noch Peter Holzenleuchter (vorne, 2.v.l.), Norbert Bude (Mitte) und Michael Schmitz (2.v.r.) im Amt.

Das Foto entstand in guten Zeiten: Andreas Wurff (l.) im März 2010, als ihn der Rat einstimmig zum Beigeordneten wählte. Da waren auch noch Peter Holzenleuchter (vorne, 2.v.l.), Norbert Bude (Mitte) und Michael Schmitz (2.v.r.) im Amt.

Foto: ikr

Der kommende Montag könnte der letzte Arbeitstag für den Technischen Beigeordneten Andreas Wurff (62) in Mönchengladbach sein. Nachmittags entscheidet der Rat ab 17 Uhr in einer Sondersitzung im Rathaus Rheydt, ob Wurff von seinem Amt abberufen wird. Es wäre das erste Mal in Mönchengladbach, dass dieser Schritt erfolgte. Wir klären die wichtigsten Fragen.

Wie lange ist Wurff gewählt? Andreas Wurff ist 2010 vom damaligen Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP für die Dauer von acht Jahren gewählt worden. Die Grünen hatten damals das Vorschlagsrecht für diese Position in der Verwaltungsspitze. Wurff selbst ist parteilos. Er wurde vor rund fünf Jahren mit allen 66 Stimmen der acht vertretenen Fraktionen und Gruppierungen zum neuen Technischen Beigeordneten gewählt.

Was würde seine Abwahl finanziell für ihn und die Stadt bedeuten? Wurff würde für den Monat seiner Abwahl und weitere drei Monate die Grundvergütung als Beigeordneter in voller Höhe bekommen. Das sind rund 7500 Euro monatlich. Danach bis zum Ablauf der Wahlperiode 2018 erhielte er fast 72 Prozent seines Gehalts weiter.

Wird über seine Abberufung geheim abgestimmt? Die Grünen wollen geheime Wahl beantragen. Ihre Hoffnung: Aus den Reihen von CDU, SPD und FDP, die erklärt haben, Wurff abzuberufen, könnten sich genügend Ratsmitglieder bei einer geheimen Wahl finden, die sich dagegen aussprechen. Wer in einer Wahlkabine sein Kreuzchen macht, ist unabhängiger, als wenn er das in einer offenen Abstimmung machen muss, so die Grünen. CDU, SPD und FDP brauchen eine Zweidrittel-Mehrheit und mindestens 46 Stimmen. Gemeinsam haben sie mit der Stimme von OB Hans Wilhelm Reiners (CDU) 53 Stimmen.

Der grüne Fraktionsvorsitzende Karl Sasserath hat sich an alle Ratsmitglieder mit einem Schreiben gewandt, Wurff nicht abzuwählen. Er lobt dessen Arbeit und wirft der CDU vor, "mit allen Mitteln" einen Dezernenten installieren zu wollen, der "dem ungehemmten parteipolitischen Zugriff auf das Bau- und Planungsdezernat nicht mehr im Wege stünde". OB Reiners greift er an, weil dieser es billigend in Kauf nehme, das Ansehen von Wurff öffentlich zu beschädigen.

Welche Voraussetzungen gibt es für eine geheime Wahl? Auf Antrag muss sich mindestens ein Fünftel der Ratsmitglieder für eine geheime Abstimmung aussprechen. Das wären 14 Ratsmitglieder. Grüne und Linke haben sich gegen eine Abwahl von Wurff ausgesprochen, ebenso Piraten und die Partei. Das wären - wenn sie alle für geheime Abstimmung votierten - zwölf Stimmen. Dann hängt es davon ab, wie sich FWG, AfD, Pro NRW und NPD positionieren. Die vier Parteien stellen jeweils einen Vertreter.

Vorausgesetzt, Wurff würde abberufen: Ab wann tritt dies in Kraft? Andreas Wurff bekäme die Abberufungsentscheidung des Rates schriftlich zugestellt. Es wird davon ausgegangen, dass er sie in diesem Fall noch am Montag erhält.

Wann wird die Position neu ausgeschrieben? Die Ausschreibung erfolge zeitnah, teilt die Stadt mit. CDU und SPD gehen davon aus, dass sie schon in der kommenden Woche erfolgen könnte. Eine Stellenausschreibung ist bereits formuliert. Der oder die Neue wird gehaltstechnisch ebenso dotiert wie Wurff. In der Beratungsvorlage zur Ausschreibung steht die Bezeichnung "Beigeordneter".

Worauf legen CDU und SPD in der Ausschreibung besonderen Wert? Die Ratsmehrheit verlangt von Bewerbern unter anderem, dass sie "Erfahrung in der Leitung größerer Organisationseinheiten und in der Mitarbeiterführung" haben. Der Nachfolger soll mehrjährige Berufserfahrung im öffentlichen Dienst haben, dabei werden die fünf technischen Fachbereiche betont. Verlangt wird Erfahrung im Umgang mit schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen: Die Stadt muss streng haushalten. Außerdem muss der oder die Neue eng mit den städtischen Töchtern - Entwicklungsgesellschaft (EWMG) und Wirtschaftsförderung (WFMG) - zusammenarbeiten und die Aufgaben von Stadt und Töchtern vernetzen. Auch interessant: Der oder die Beigeordnete muss in der Stadt wohnen.

Wer von den Partnern im Rat hat das Vorschlagsrecht für die Position? Das Vorschlagsrecht liegt bei der CDU. Die Christdemokraten erklären aber, dies bedeute nicht, dass der oder die neue Beigeordnete ein CDU-Parteibuch haben muss. Dies war jüngst bei der Sozialdezernentin Dörte Schall der Fall, die auf Vorschlag der SPD ins Amt gewählt wurde. Sie ist auch SPD-Mitglied. Ebenso hat die CDU klar gemacht: Kein Mitglied der CDU-Ratsfraktion wird neuer Beigeordneter. Derzeit sieht es in der Verwaltungsspitze so aus: OB Reiners und Schuldezernent Dr. Gert Fischer sind CDU-Mitglieder, Hans-Jürgen Schnaß (Personal) und Schall gehören der SPD an, Kämmerer Bernd Kuckels ist FDP-Mitglied.

Wie schnell könnte Wurffs Position, wenn sie denn frei würde, wieder neu besetzt werden? Fakt ist: Es gibt keine Besetzungssperre. Die Gemeindeordnung schreibt vor, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten der oder die Nachfolger(in) gewählt werden muss. Knackpunkt könnte sein: Ein interessanter Kandidat könnte bei seinem jetzigen Arbeitgeber eine längere Kündigungsfrist haben.

Wer würde in der Verwaltung die Aufgaben von Wurff übernehmen, wenn der Rat ihn abwählte? Wer die Verwaltung fragt, bekommt als Antwort: Das werde der Verwaltungsvorstand nach dem Abstimmungsergebnis am Montag klären. Es wird vermutlich auf Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners hinauslaufen. Sein Vorgänger Norbert Bude (SPD) hatte sich ebenfalls mehrfach in die Arbeit des Baudezernats eingeschaltet, wenn es da kriselte. Reiners war vor seiner OB-Zeit bau- und planungspolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion. Eine Ausbildung in einem der fünf technischen Fachbereiche des Dezernats hat er allerdings nicht.

(RP)
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