Mönchengladbach Ärztin schickt Schulen und Kitas Scientology-nahe Post

Mönchengladbach · Die Broschüre, die die Zahnärztin den Schreiben beifügt, brandmarkt Sexualkunde als Pornografie und als Türöffner für Pädophilie. Der Verlag wird immer wieder in Verfassungsschutzberichten erwähnt.

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Foto: AFP

"Die ,Kent-Depesche' wird von Scientologen im Eigenverlag herausgegeben. Ihre Herausgeber unterhalten auch Kontakte in das rechtsextremistische Milieu", heißt es im Verfassungsschutzbericht 2005 des Landes Baden-Württemberg über die Broschüre "Mehr wissen, besser leben", die regelmäßig Themen wie "Alternativmedizin und Verschwörungstheorien" aufgreife. Auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht von 2012 — der für 2013 ist noch nicht erschienen — werden Verlag und Publikation noch erwähnt.

Dessen ungeachtet hat die Mönchengladbacher Zahnärztin Dr. Vera Maubach-Chandra dieser Tage zahlreiche Schulen und Kindergärten in der Stadt angeschrieben, mit einem Pamphlet gegen sexuelle Früherziehung, die ein "Deckname für harte Pornographie" sei. Daran angehängt: Links zu einer Website für "betroffene Eltern", die schon beim ersten Herunterscrollen zu einer obskuren "Deutschen Nationalversammlung" führt. Und: seitenweise Auszüge aus besagter Broschüre "Mehr wissen, besser leben".

Sie wolle die Jugend vor dem "Wahnsinn" des Sexualunterrichts beschützen, sagt Maubach-Chandra, die sich nach eigenen Angaben in der "Anti-Psychiatrie-Bewegung" engagiert und in ihrer Praxis Zahnheilkunde mit Homöopathie verbindet. Auf den rechten und scientologischen Zusammenhang ihres Schreibens, das Sexualerziehung als Türöffner für Pädophilie bezeichnet, angesprochen, sagt sie: "Ich beziehe diese Publikation seit Jahren. Sie ist ausgewogen, gut recherchiert und hebt sich von Mainstream-Medien ab." Die von ihr angegebenen Internetlinks habe sie möglicherweise nicht vollständig angeschaut: "Aber wenn das alles nur zu 50 Prozent stimmt, ist schon viel gewonnen." Sie habe als Privatperson und Mutter zweier Kinder gehandelt, nicht als Ärztin, sagt Maubach-Chandra — und werde das weiter tun. Jedoch sind die Schreiben auf Briefpapier ihrer Praxen an der Burg- und Bismarckstraße verfasst.

Leiter von Schulen und Kindergärten sind empört. Peter Blomert von der Gesamtschule Espenstraße sagt: "Die Broschüre sowie die beigefügte DVD sind Ergüsse eines Schweizer Laienpredigers, der unter anderem die psychoanalytische Sexualtheorie als Aufruf zur Pädophilie deutet." Bernd Schäferhenrich, Leiter der Gesamtschule Hardt, sagt: "Wir werden jede Woche mit Dingen zugemüllt, angefangen von aggressiven Fotoangeboten von Fotografen. Aber das hier hat eine andere Qualität." Die Schulleiter hoffen, dass ihre Kollegen die Schreiben in den Müll geworfen haben.

Die Schulverwaltung habe keine Handhabe gegen derlei Schreiben und könne auch keine Empfehlungen abgeben, sagt Stadtsprecher Wolfgang Speen. Es sei Angelegenheit der Schulen und Kindergärten, angemessen damit umzugehen.

(RP)
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