Mönchengladbach Aids-Hilfe feiert 30. Geburtstag

Mönchengladbach · 1987 wurde in Gladbach der erste Verein zur Beratung für Menschen gegründet, die an Aids oder HIV erkrankt sind. Das 30-jährige Bestehen wurde nun mit einem Stationen-Weg in der Citykirche gefeiert.

 In der Citykirche bildeten Schüler des Maria-Lenssen-Berufskollegs eine meterlange Schleife und beschäftigten sich mit dem Thema Aids.

In der Citykirche bildeten Schüler des Maria-Lenssen-Berufskollegs eine meterlange Schleife und beschäftigten sich mit dem Thema Aids.

Foto: Andreas Juetten

Gül, Jenny, Jessica, Melina und Kimberley stehen ruhig nebeneinander in einer Reihe. Zusammen mit weiteren Schülern der Fachoberschule für Soziales und Gesundheitswesen des Maria-Lenssen-Berufskollegs bilden sie eine meterlange Schleife aus Menschen. In ihren Händen halten sie Bücher, Fotos vom Strand, Verpackungen von Lebensmitteln, Regenbogentücher und Informationsflyer zum Thema Aufklärung. Manche umarmen sich, andere halten ihre Hände als Zeichen des Vertrauens. Das Standbild haben die Schüler während eines von der "Aids-Hilfe Mönchengladbach-Rheydt" durchgeführten Projekttages gemeinsam entworfen. Wer jetzt also zwischen den Schülern hindurchgeht und dem Verlauf der Schleife folgt, der ist mittendrin: In der Präventionsarbeit der Aids-Hilfe und damit in der bunten Welt, welche die Aids-Hilfe heute in Gladbach ausmacht.

Die Schleife aus Schülern ist nicht die einzige, die man in der Citykirche zum Welt-Aids-Tag findet. Eine große rote Schleife aus Stoff lehnt an einer Säule, wer hineinkommt, bekommt ein kleines Exemplar zum Anstecken. Und auch von außen ist das Symbol für Toleranz und Solidarität mit Menschen, die von HIV oder Aids betroffen sind, deutlich zu sehen. Denn heute heißt es: Zeit zum Erinnern. An das Jahr 1987, als die Wörter "Aids" und "Kondome" überall in Deutschland im Zentrum des deutschen Sprachgebrauchs standen und für große Verunsicherung sorgten. An den 7. Dezember des selben Jahres, als Heinz Herbert Paulus und weitere Unterstützer aus einer begleiteten Selbsterfahrungsgruppe für HIV-positive Frauen der JVA Willich einen ersten Verein zur Beratung in Mönchengladbach gründeten. Und vor allem an die 30 Jahre, die mit Gruppen, Aktionen, Ausstellungen, Konzerten und fünf verschiedenen Standorten bis zum runden Geburtstag in diesem Jahr dazwischen lagen.

Jetzt sollen diese Erinnerungen wieder aufleben. "Aber nicht einfach mit Vorträgen, sondern mit einem Stationen-Weg, der in der Citykirche durch die Geschichte unseres Vereins führt", sagt Renate Hesse-Horst, Leiterin der Aids-Hilfe. 50 Leute wurden darum eingeladen, mit auf eine kleine Zeitreise zu gehen. Unterstützer, Politiker und einige der etwa 80 Mitglieder des Vereins sind dabei. Und als Ehrengast auch Günther Buhlmann, der die Arbeit der AIDS-Hilfe als Sozialdezernent der Stadt langjährig förderte. So geht es als Gruppe los - zur ersten Station, die unter dem Namen "Klage" steht.

In die Realität der 80er, der "Zeit des Sterbens", wie Hesse-Horst sagt. Eine Zeit, in der die Diagnose HIV noch einem Todesurteil glich. Und die Arbeit der Aids-Hilfe damit von vielen Verlusten geprägt. Vor der Marien-Statue, die Maria weinend mit ihrem Sohn Jesus im Arm zeigt, werden weiße Kerzen in Gedenken an die Verstorbenen angezündet. Vorname folgt auf Vorname, für jeden der Namen gibt es ein Licht. Es ist ruhig in der Kirche. Und umso größer ist der Schritt, als es nun zur schillernden, mit regenbogenfarbenen Licht und Tüchern gestalteten nächsten Station geht. Eine Präsentation im Hintergrund zeigt unter anderem die Wünsche, Programme und Sprüche der Angebote für Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender und Transsexuelle, für die die Aids-Hilfe langsam zu einer Art Zuhause, einem geschützten Raum in der Stadt geworden ist. "Mitte der 90er Jahre gab es die ersten Medikamente und damit auch wieder neue Lebensperspektiven", sagt Hesse-Horst.

"Aus der Aids-Hilfe ist etwas Buntes entstanden. Ein Ort, an dem verschiedene Themen und Menschen mit den unterschiedlichsten Neigungen unter einem Dach versammelt sind". Dafür soll gedankt werden. Für die Brötchen, die es jede Woche beim Frühstücksangebot für Betroffene gibt. Die Kochgruppe, bei der Klienten heute über das Medium Kochen ins Gespräch kommen können. Für die Visionen und die Kollegialität. Mit einem Stein in der Hand, der für die eigenen Wünsche steht, geht es so durch die gebildete Schleife der Schüler. Auch Zukunftswünsche dürfen nicht fehlen. An Luftballons schweben sie in die Kirche hinein.

Und noch bevor die Sozialdezernentin Dörte Schall und der HIV-Schwerpunkarzt Horst Carls noch ein paar Grußworte sprechen, sagt Mitgründer Paulus: "Wir haben noch längst nicht alle Ziele 100-prozentig erreicht, aber ich bin bis heute zu 100 Prozent überzeugt von ihnen".

(mcv)
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