Mönchengladbach Als Rheydt noch einen Blumenkorso hatte

Mönchengladbach · Wenn Heinz Laumen abends im Bett liegt und nicht einschlafen kann, dann sieht er die Bilder noch genau vor sich: die bunten Wagen, die geschmückt mit tausenden Blumen umherzogen, die kunstvollen Figuren, die schönen Frauen in den langen Kleidern, die Blaskapellen aus den Niederlanden und die vielen Zuschauer, die sich in Rheydt gespannt am Straßenrand tummelten.

 Heinz Laumen wünscht sich den Blumenkorso zurück. Als junger Mann half er beim Bau vieler Wagen für die Umzüge mit.

Heinz Laumen wünscht sich den Blumenkorso zurück. Als junger Mann half er beim Bau vieler Wagen für die Umzüge mit.

Foto: Detlef Ilgner

Mit 17 zunächst als Schlosser angefangen, kam er durch die Schließung der Firma Ende der 50er Jahre zur Stadtgärtnerei Rheydt am Schmölderpark. Dort brauchte man Leute für das Bauen der ersten Korso-Wagen, durch seine Schweiß-Kenntnisse aus der Schlosserei kam Laumen wie gerufen. Neben den typischen Gärtner-Arbeiten wie das Bepflanzen und Umgraben von Blumenbeeten, arbeitete Laumen also von Februar bis September an den Wagen. Die Pläne für die 10 bis 15 Meter langen Modelle kamen aus den Niederlanden, die Anhänger wurden von Bauern zur Verfügung gestellt. Für Laumen hieß es dann: rechnen, messen, schweißen. Wenn das Rohgestell fertig war, wurde "gestroht": das Eisen also mit geflochtenen Strohmatten ausgelegt.

"Dabei war es besonders wichtig, auf die Sicherheit zu achten, damit alles später picobello gebaut ist und keine der Frauen herunterstürzt", erklärt Laumen. Am Freitagnachmittag vor dem Korso war es dann soweit: "In einer Halle in Mülfort wurden die Wagen gesammelt. Samstag ging es weiter, die ganze Nacht wurde durchgearbeitet", sagt Laumen. Denn dann kamen die Blumen: hauptsächlich Dahlien, weil man mit ihren großen Blüten besonders tolle Ornamente stecken konnte, aber etwa auch Sonnenblumen für Sträuße oder Efeu zur Dekoration. Tausende Blumen wurden verwendet, gearbeitet wurde nun nach einem farbigen Musterplan, die Blumen dementsprechend aus dem Kühlhaus geholt.

"Wir waren etwa 15 bis 20 Arbeiter von der Stadt, hinzu kamen noch bis zu 60 Freiwillige, die mitgesteckt haben", erzählt Laumen. Wenn alles fertig war, hieß es: "Aufstellen!". Dann ging es los, die Wagen wurden der Öffentlichkeit präsentiert. Einmal hat Laumen sich sogar selbst ganz oben auf einen der Korsowagen gesetzt und ist "stolz wie Oskar" durch die Straßen gezogen. Ich habe mir gesagt: "Ich habe den Wagen selbst gemacht, dann kann ich jetzt auch mit ihm mitfahren". Das Selbermachen - das ist sowieso Laumens große Leidenschaft. "Manchmal habe ich wirklich zu viel Fantasie. Dann wache ich morgens auf und denke mir: Das könntest du doch auch noch ausprobieren", sagt er.

Die Ergebnisse dieser Eingebungen finden sich überall in seinem Haus. Ein Rheydter Stadtwappen aus Fäden und Messingnägeln hängt an der Fassade, im Keller sammeln sich mehrere Modellschiffe. "Es gibt doch nichts, was mehr Freude macht, als etwas selber herzustellen, über das sich andere Leute freuen können", sagt Laumen. Auch in seinem Garten macht und pflegt er noch alles selbst - "jeden Tag ein bisschen". Das Basteln mit Blumen, die Farben, das Lebendige haben es ihm angetan. Wer zu ihm zu Besuch kommt, entdeckt vielleicht ein eigenes Blumengesteck auf dem Essenstisch.

Nächstes Jahr feiert der Blumenkorso 60. Geburtstag. Ob es dann - wie 2008 zum 50. - wieder einen Umzug wie in früheren Zeiten geben wird? Laumen zumindest hofft es. "Wenn ich noch mal jung wäre, wäre ich auch der Erste, der bei der Herstellung der Wagen helfen würde. Dann könnte ich den neuen Arbeitern erzählen, wie das Wagenbauen geht", sagt er und lächelt.

(RP)
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