Mönchengladbach Annäherung an Sigmar Polke, Alchimist unter den Künstlern

Mönchengladbach · Ulrike Stottrop erinnert sich noch lebhaft an den Künstler Sigmar Polke, wie er am 3. Juni 1986 bei ihr im Folkwang-Museum Essen auftauchte und einen großen Meteoriten und einen Bergkristall in Augenschein nahm. Die beiden Prunkstücke der geologischen Sammlung gingen danach auf die Reise nach Venedig, wo sie im Deutschen Pavillon der Biennale Teil der Installation wurden, die Polke den "Goldenen Löwen" einbrachte. Polkes sechs Kunststofflackbilder hat Museumsleiter Dierk Stemmler danach an den Abteiberg geholt, sie sind Mittelpunkt der Ausstellung "Annäherung an Venedig", die noch bis 5. Juli diese besondere Phase in Polkes Werk darstellt. Dazu sind auch die erdgeschichtlichen Exponate wieder aus Essen zu sehen.

Stottrop öffnete in ihrem Vortrag die Tür in Polkes Alchimisten-Küche, in der sich deutsche Geschichte, das Wetter in Venedig, die Lehre von den Mineralien und ihre Verwandlung, Malerei und die Frage nach dem Tod in einer Art Schmelztiegel in Kunst verwandeln. Nicht ohne Ironie hat Polke seine Biennale-Arbeit "Athanor" genannt, nach dem (mythischen) Ofen, in dem der "Stein der Weisen" gebacken wird.

Ulrike Stottrop erzählt lebendig, wissenschaftlich fundiert und mit Polkes Kunst überaus vertraut. Polke ist ihr als ein an geologischen Fragen überaus interessierter Besucher in Erinnerung, als aufmerksamer, ernsthafter Frager, der alle Informationen wie ein Schwamm aufsaugte. Am Schluss des Besuches habe er nach dem Geruch von Mineralien, auch nach dem Geruch des Todes gefragt, erzählt sie. Und sie verrät auch, dass sie ihn vom Vorhaben abbringen musste, den fast eine halbe Tonne schweren Meteoriten, der mit seinen 4,5 Milliarden Jahren älter als die Erde ist und vor rund 30 000 Jahren als Teil eines garage-großen Eisen-Nickel-Klumpens aus dem Asteoriden-Gürtel in Namibia in die Wüste fiel, durchs Dach des Deutschen Pavillons krachen zu lassen. Um das Wetter reinzulassen, wie Polke sagte. Die Wissenschaftlerin berichtete über Polkes Interesse an der Züchtung von Kristallen, von seinem Vorhaben, einen Uran-Glas-Block mitzunehmen, um auf die Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl Bezug zu nehmen.

(ark)
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