Mönchengladbach Anti-Atomkraft-Schirm an Trittin für die Kanzlerin

Mönchengladbach · Der frühere Bundesumweltminister war Ehrengast beim Neujahrsempfang der Mönchengladbacher Grünen.

 Die Grünen-Parteivorsitzenden Anita Parker und Peter Walter (r.) begrüßten als Ehrengast den früheren Bundesumweltminister Jürgen Trittin (mit Anti-Atomkraft-Schirm) und ehrten Karl Sasserath (v.l.), Ali Cinkilic, Hüseyin Pehlivan und Gerd Schaeben für jeweils 25 Jahre Parteimitgliedschaft.

Die Grünen-Parteivorsitzenden Anita Parker und Peter Walter (r.) begrüßten als Ehrengast den früheren Bundesumweltminister Jürgen Trittin (mit Anti-Atomkraft-Schirm) und ehrten Karl Sasserath (v.l.), Ali Cinkilic, Hüseyin Pehlivan und Gerd Schaeben für jeweils 25 Jahre Parteimitgliedschaft.

Foto: Denisa Richters

Es war ein für die Welt bedeutender Tag, den die Mönchengladbacher Grünen für ihren Neujahrsempfang gewählt hatten: Kurz zuvor war 6340 Kilometer westwärts in Washington Donald Trump ins Amt des amerikanischen Präsidenten eingeführt worden. Für die führenden Köpfe der Grünen, allen voran der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin als Ehrengast des Abends, ein weiterer Beleg für den Vormarsch der Demagogen. "Trump sagt, der Sumpf solle ausgetrocknet werden", so Trittin in seiner Rede. "Dabei regiert in den USA jetzt der Sumpf." Der Beifall der rund 200 Gäste war ihm damit sicher.

Für den Bundespolitiker, Vertreter des linken Flügels der Partei, war es eine Rückkehr nach 17 Jahren nach Mönchengladbach. An einer Wand erinnerten Fotos in Schwarz-Weiß an seinen damaligen Besuch - Trittin noch mit Schnauzbart, aber mit fast denselben Gladbacher Parteifreunden an seiner Seite. Allen voran Peter Walter, der gemeinsam mit Anita Parker den Kreisverband führt. Mit Parker teilt Trittin die Leidenschaft für den Fußballklub Werder Bremen.

Das Erstarken rechter Parteien wie der AfD, Terrorismus, innere Sicherheit und Umweltpolitik standen im Zentrum seiner Rede. Die Regelverletzung werde zum Markenzeichen der AfD, sagte Trittin, und nannte die umstrittene Aussage von Björn Höcke zum Holocaust-Denkmal. Aber auch in etablierten Parteien erkennt Trittin Demagogen - allen voran CSU-Chef Horst Seehofer, der bewusst Stimmung gegen Flüchtlinge mache.

"Wir werden uns vor einer globalisierten Welt nicht abschotten können", sagte Trittin vor dem Hintergrund des Terroranschlags in Berlin. Beispiele in Frankreich, Belgien oder die aufgedeckte Sauerland-Gruppe hätten gezeigt, dass die Täter "nicht alle aus dem Ausland" stammten, sondern teils in den Ländern europäischen Ländern geboren seien oder dort seit vielen Jahren lebten. Er forderte "Integration statt Wegducken", erkannte aber beim Berliner Anschlag im Vorfeld auch "eklatantes Behördenversagen, das zwölf Menschen das Leben gekostet hat". Den Ruf nach Gesetzesverschärfung hält Trittin deshalb für falsch, weil zunächst bestehende Gesetze angewendet werden müssten. Er betonte aber auch, die Grünen sollten sich "aus der Innenpolitik nicht zurückziehen". Vor 25 Jahren habe er in Niedersachsen der ersten Landesregierung mit Grünen-Beteiligung angehört. Damals seien die von der CDU verursachten Stellenstreichungen bei der Polizei rückgängig gemacht worden. Nur gute Ausstattung, Ausbildung und Bezahlung von Polizisten garantierten Sicherheit im Rechtsstaat, so Trittin. Beim Thema Umwelt sprach er sich für das Ende der Kohlekraft und mehr Elektromobilität aus. Die deutschen Autoproduzenten bezeichnete er im Vergleich zu Tesla in den USA als "verschnarchte Industrie".

Die Mönchengladbacher Grünen bewegt noch mehr die Atomkraft - wegen des "Schrottreaktors" im belgischen Tihange nahe der deutschen Grenze. Karl Sasserath, Chef der Grünen im Stadtrat, überreichte Trittin deshalb einen gelb-schwarzen Regenschirm der Initiative für eine Stilllegung des Atomkraftwerks. Den solle er Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin übergeben. Die Mönchengladbacher Politik warnte Sasserath davor, das "Wachstum zum Maßstab aller Dinge" zu machen. Auch die Landtagskandidaten, Boris Wolkowski und Lena Zingsheim, stellten sich vor.

Später wurde Sasserath geehrt - für 25 Jahre Parteimitgliedschaft. Ebenso wie Gerd Schaeben, Ali Cinkilic und Hüseyin Pehlivan. Letztere sind gebürtige Türken. "Wir haben die Grünen anfangs kritisch gesehen, sind aber doch beigetreten, als wir sahen, dass die Partei doch etwas bewegen kann", sagte Cinkilic.

(dr)
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