Mönchengladbach Auf allen Kanälen mitspielen

Mönchengladbach · Beim Händlerfrühstück der Gründerwoche zeigte sich: Es gibt bei der Digitalisierung kein Entweder-oder, sondern nur ein Sowohl-als-auch.

 Kaffee analog, Smartphone digital: Gestern war Händlerfrühstück im Rahmen der Gründerwoche.

Kaffee analog, Smartphone digital: Gestern war Händlerfrühstück im Rahmen der Gründerwoche.

Foto: Angela Rietdorf

Digitalisierung und Einzelhandel - das gehört zusammen wie Bonnie und Clyde, Romeo und Julia, Gladbach und Rheydt. Oder? Beim Händlerfrühstück im Kult und Genuss in Rheydt, zu dem der Einzelhandelsverband und die Wirtschaftsförderung gestern Morgen im Rahmen der Gründerwoche eingeladen hatten, zeigten sich Probleme, Erwartungen und große Chancen, die mit der Digitalisierung, dem Online-Handel und den sozialen Netzwerken einhergehen.

Die Plattform MG bei Ebay, Takelocal, der Fullservice-Anbieter für den Einzelhandel, und Lisa, der Live-Shopping-Assistent - das waren drei der vorgestellten Möglichkeiten, um die Digitalisierung im Einzelhandel voranzubringen. An der Plattform MG bei Ebay, die große mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat und jetzt nach der Pilotphase mit 35 Händlern sechseinhalb Millionen Euro Umsatz generiert, entzündete sich aber auch Kritik aus dem Kreis der Einzelhändler. Der Forderung nach einer lokalen Plattform ohne Anbindung an einen großen Online-Anbieter erteilte WFMG-Chef Ulrich Schückhaus jedoch eine vehemente Absage.

"Diese lokalen Marktplätze fahren momentan alle gegen die Wand", stellte er fest. "MG bei Ebay macht an einem Tag so viel Umsatz wie beispielsweise der lokale Marktplatz Wuppertal in der gesamten Pilotphase." Durch die Anbindung verkaufen Mönchengladbacher Händler bundesweit, nicht nur lokal oder regional. Trotz der guten Zahlen sind viele Händler nach der Testphase wieder ausgestiegen: Der stationäre Handel tut sich mit der Verbindung zum Onlinegeschäft noch schwer. Weil die Technik nicht funktioniert. Weil der Zeitaufwand hoch ist. Oder weil die Möglichkeiten nicht erkannt werden. Deshalb können Angebote wie das von Takelocal interessant sein. Das Start-up-Unternehmen will Full-Service für Händler bieten, die sich so auf allen Kanälen präsentieren können, ohne sich um Technik und Logistik zu kümmern. "Wir suchen noch Pilotkunden, die das kostenfrei testen können", warb Geschäftsführer Luigi Stella.

Eine andere überaus spannende Möglichkeit präsentierte das Düsseldorfer Unternehmen Barbara Frères. Die nächste Generation des Kindermodengeschäfts an der Kö hat Lisa entwickelt, den Live- Shopping-Assistenten, bei dem der Kunde zu Hause die Beraterin im Geschäft sehen und mit ihr reden kann, die Produkte präsentiert bekommt und auswählen kann, als sei er im Geschäft. Das Faszinierende: Auf diesem Weg kaufen die Kunden mehr als im Onlineshop und auch mehr als im Laden. "Wir vermuten, dass die entspannte Situation zu Hause ebenso dazu beiträgt wie die exklusive persönliche Beratung", sagt Sophie Spethmann, die mit Philippe Frères den neugegründeten Digitalableger leitet. Das Unternehmen hat den Innovationspreis des deutschen Einzelhandels gewonnen und bietet das Werkzeug auch anderen Einzelhändlern an.

Für die Möglichkeiten, die die Verknüpfung von Onlineauftritt und stationärem Handel bietet, gibt es aber auch Mönchengladbacher Beispiele. Valentin Wessels etwa, der die historische Ehren Zuckerwarenfabrik zu neuem Glanz führt und mit den Schokoschurken in Rheydt von Hand gemachte Pralinen an den Mann und an die Frau bringt, ist beim Händlerfrühstück dabei, hört zu und bringt sich ein - hat aber gleich mehrere Smartphones dabei und beantwortet Anfragen aus den sozialen Netzwerken.

"Wir sind in einem permanenten Austausch mit unseren Kunden", sagt der vermutlich jüngste Unternehmer im Raum. "Wir kriegen ständig Nachrichten und reagieren sofort." Neue Kreationen werden direkt auf Instagram gepostet, dann reagieren die Kunden schon mit Reservierungswünschen. "Wir berichten den ganzen Tag, was wir machen", erklärt Wessels. Die sozialen Netzwerke ermöglichen eine besondere Form der persönlichen Kundenbindung.

(RP)
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