Mönchengladbach Auf den Spuren von Johnny Depp

Mönchengladbach · Das zweite Konzert der neuen Freilichtreihe im Volksgarten ist ein Knaller: Das Joscho-Stephan-Trio sorgt mit rasantem Gypsy Swing in der Tradition Django Reinhardts für Furore. Ein Stück aus dem Film "Chocolat" macht gute Laune.

 Brachte das Publikum in Stimmung: Joscho Stephan an der Gitarre (l.), Volker Kamp am Bass und Gitarrist Günter Stephan.

Brachte das Publikum in Stimmung: Joscho Stephan an der Gitarre (l.), Volker Kamp am Bass und Gitarrist Günter Stephan.

Foto: Jörg Knappe

Die Wiese vor dem zeltförmigen Pavillon im Volksgarten füllt sich. Als Erstes sind die Holzbänke vor der Bühne besetzt. Am überdachten Klangpult machen sich René Pütz von der Band Booster und Michael Grulke (Remember Band) zu schaffen. Nein, diese Bands werden hier nicht auftreten, doch die beiden Musiker sind vom Konzept der neuen Freilichtkonzertreihe Five O'Clock Acoustic so begeistert, dass sie unentgeltlich helfen.

Als der Niederkrüchtener Finger-Picking-Gitarrist Timo Brauwers die Bühne betritt, haben sich 500 Zuschauer auf dem Gelände versammelt. Und aus den geöffneten Fenstern des DRK-Heims erleben Bewohner das von tosenden Applauswellen begleitete Konzert mit.

Das Konzept von Walter Riettiens und Kurt Schmidt, die dem Chef des DRK-Heims, Fahim Aziz Safi, und Bezirksvorsteher Hermann-Josef Krichel-Mäurer Hilfe anboten, ist aufgegangen. Nicht nur, weil Lokalprominenz - wie Rainer Bonhof oder der Posaunenbauer und Jazzer Manni Schmelzer - erschienen sind.

Der Einstand mit Timo Brauwers, der es schafft, aus einer Akustikgitarre ein Mini-Orchester samt Percussion zu entwickeln, sorgt für eine anregende halbe Stunde. Mit rhythmisch akzentuierten, bisweilen harten Konturen, die der Solist mit verspielten Binnenstimmen ausschmückt. Lieder ohne Worte.

Als vor dem Schlussstück, "Birds", eine Saite reist, ist die Zeit reif für den Wechsel und für den Großmeister des Gypsy Swing. Der 38-jährige Mönchengladbacher Joscho Stephan hat seinen Vater Günter Stephan (Rhythmusgitarre) und den Duisburger Kontrabassisten Volker Kamp mitgebracht. Und natürlich seine von Jürgen Volkert gebaute Akustikgitarre, die mit ihrem D-förmigen Schallloch Joschos Vorbild, Django Reinhardt, huldigen soll. Vom Begründer des Gypsy- und Hot-Jazz hat Joscho mehrere Titel im Repertoire. Reinhardts "Minor Blues" treibt er mit unglaublich rasantem Bewegungs-Tremolo des Plektrums und blitzschnell die Bünde und Saiten wechselnden Greiffingern heraus aus räumlichen und metrischen Begrenzungen. Dabei hat er den Schalk zwischen den allzeit zu improvisatorischen Hochflügen bereiten Fingern: Gern flicht der Gitarrero Motive aus bekannten Stücken ein: Mal hören wir eine Figur der Pink-Panther-Filmmelodie, mal ein Thema der James-Bond-Titelmusik. Schließlich verwandelt er "Hey Joe" von Jimi Hendrix in seine ganz eigene Super-Swing-Welt.

Dabei überzeugt der Virtuose nicht allein durch exzellentes, mitreißendes Powerplay, sondern begeistert auch als Entertainer. Wenn er als Zugabe ein Musikstück aus dem Film "Chocolat", wo Johnny Depp als Vagabund den "Minor Swing" von Reinhardt spielt, ankündigt, klingt das bei Joscho so: "Eigentlich hatte man mir die Filmrolle angeboten, aber ich hatte keine Zeit. Dann traf es Johnny Depp, der gerade nichts anderes vorhatte."

Die Mischung aus musikalischem Hochleistungssport, an dem sich gelegentlich auch Kontrabassist Volker Kamp beteiligt, und locker-entspannter Animation macht die Performance dieses brillanten Hotjazz-Trios aus. "Ich fand es umwerfend", urteilt der pensionierte Lehrer Christian Birken aus Neuwerk. Er spielt selbst Gitarre. Für das nächste Konzert mit Joscho Stephan in Gladbach - im Dezember im TiG in Eicken - hat Birken sich schon Karten gesichert. Heute sitzt Stephan bereits im Flieger nach Bay City (Michigan), wo er seine zwölftägige US-Tour startet.

(ri-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort