Mensch Gladbach Auf die Plätze !

Mönchengladbach · Wer jemals in Italien war, weiß, wie man einen Platz baut, der Jahrhunderte hält. In Gladbach schafft man es nicht mal, Plätzen Namen zu geben, die wenigstens ein paar Jährchen Sinn ergeben. Dafür ist hier immerhin gerade manches andere an seinem Platz.

Der Ehrenplatz in dieser Kolumne gebührt heute mit meiner Stimme einstimmig beschlossen dem Oberbürgermeister. Endlich bekommt Gladbach vor dem Minto einen zentralen Platz, der nicht zugewachsen wie der Adenauerplatz und nicht zugebaut wie der Europaplatz ist. Und dann soll er nach einem in die Jahrzehnte gekommenen Hochhaus benannt werden. Sonnenhausplatz. Findet Hans Wilhelm Reiners. Echt jetzt? Nu könnte man ja sagen, wenn man seine Haupteinkaufsstraße nach Hindenburg benennt, ist es nur konsequent, das ähnlich olle Sonnenhaus auf seine alten Jahre zum Namensgeber zu veredeln.

Und wenn ich es mir so recht überlege: Da geht noch was! Wenn man aus dem Bahnhof schreitet (im Moment baustellenbedingt stolpert, aber die Bahn braucht halt witterungsbedingt schon mal was länger), wäre es doch ein erhabenes Gefühl, auf den Haus-Westland-Platz zu treten. Und wer demnächst in bester Lage auf dem Maria-Hilf-Gelände wohnt, würde sich doch gewiss über die Postanschrift Rathaus-Oberstadt-Straße sehr freuen. Benennt Eure Straßen und Plätze nach Euren Alt-Immobilien - das ist ein so hipper Rat, dass man dafür sicher eine Stange Geld aus irgendeinem europäischen Fördertopf für Gender-Bau-Gedöns bekommt.

Und von dem Geld bauen wir dann das neue Rathaus. Das ist ja auch wieder so ein rasanter Ritt in der Zeitmaschine zurück in die schlechten, alten Zeiten. Da kommt also die erfreuliche Nachricht auf, dass sich endlich mal wieder jemand um die Frage kümmert, wie man die Verwaltung besser strukturieren kann, da raunt schon jemand die Gretchenfrage: Kommt das neue Rathaus denn nach Gladbach oder Rheydt? Die SPD hat schon mal festgelegt, dass das neue Rathaus - egal wie groß, wie hoch, wie breit - auf jeden Fall nach Rheydt muss. Das hat sicher rein gar nix damit zu tun, dass Rheydt der einzige Stadtteil ist, in dem die SPD noch Wahlen gewinnen kann. Sondern mehr damit, dass diese Jahrzehnte alte von Neid, Missgunst und Unterstellungen genährte Rheydt-Gladbach-Debatte mit allen Mitteln am Köcheln gehalten werden muss, auf dass sie die Ü 60 fidel halte.

Davon ist Norbert Bude noch weit entfernt, also vier Jahre zumindest, obwohl es ihn jetzt ja im Rathaus schon in Öl gibt. Und doch hat man den Eindruck, dass ihm gut gelingt, woran manche ärger zu knabbern haben: daran, nicht mehr in der ersten Reihe zu stehen und zu sitzen. Nix mehr zu sagen zu haben. Der Ex-Oberbürgermeister wirkt nicht wie ein Alt-Oberbürgermeister, sondern wie einer, der im Reinen mit sich und der Welt ist. Da hat einer mühelos seinen neuen Platz gefunden.

Der fußballaffine Gladbacher - also alle - ist ja inzwischen wieder in Europa daheim. Wer an einem der Spieltage der Champions League durch die richtige Stadt in England, Italien oder Spanien spaziert, kommt dort ungefähr so langsam voran wie auf dem Christkindlmarkt. Und zwar aus demselben Grunde: Zu viele Leute da, die man kennt und mit denen man gern ein paar Sätzchen wechselt. Vor fünf Jahren um diese Zeit war Borussia Tabellenletzter in der Bundesliga. Jetzt ärgert sich mancher, nicht in Europa zu überwintern. Da sind seither sehr viele Verantwortliche genau richtig an ihrem Platz.

(RP)
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