Mönchengladbach Auf zum Museum: END ist offen

Mönchengladbach · Mit einem Straßenfest wird Samstag ab 12 Uhr die größte Skulptur Mönchengladbachs vorgestellt. Gregor Schneiders schwarzer Tunnel ist ab diesem Wochenende begehbar. Der neue Zugang zum Museum Abteiberg führt in eine Sechs-Zimmer-Wohnung aus Schneiders Elternhaus.

Der finstere Tunnel von Gregor Schneider
22 Bilder

Der finstere Tunnel von Gregor Schneider

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Als Geisterbahn hatte sich das Museum in den 26 Jahren seines Bestehens noch nicht verkleidet. Jetzt ist im Eintrittspreis auch Gruselvergnügen inbegriffen. Eine steile Alu-Treppe führt vom Platz zwischen dem Humanistischen Gymnasium und dem Museum in die gähnende Quadratöffnung des Tunnels, den der Künstler Gregor Schneider (39) ersonnen und "END" getauft hat.

Schwarze, tiefe Nacht umfängt den Eintretenden, der sich langsam, unsicher an der Wand des sich verschmälernden Tunnels entlang tastet. Die schwarze Trevira-Mattfolie fühlt sich weich an, an den Wänden wird man sich also wohl nicht verletzen. "Wussten Sie bisher schon, wie lang 18 Meter in völliger Dunkelheit erscheinen?", ruft Museumsleiterin Susanne Titz, die ein paar Meter voraus geht.

Dann ist er erreicht, der Schacht vor der Museumswand, in den der Besucher über eine kleine Leiter steigt. Um sodann über eine längere Feuerleiter ins Museumsinnere zu gelangen. Auch dort umfängt uns undurchdringliche Dunkelheit.

Tote Figuren im Raum

Doch da blinkt, scheinbar weiter entfernt, eine Lichtquelle. Nichts wie hin, es sind tatsächlich nur zehn Schritte. Da liegt oder sitzt eine Person, doch man sieht nur die beleuchteten Füße und Unterschenkel: offenbar ein Kind. Wer sich traut, nah heranzutreten, erblickt die schwarze Folie, die den Kopf und Oberkörper der Figur bedeckt. "Folteropfer", schießt es durch den Kopf, es wird einem unbehaglich. Ein paar Schritte zur Seite — und wieder ist da jemand: diesmal eine Frau mit kurzem Rock, die auf dem Bauch liegt. Kommt uns irgendwie bekannt vor — hatte Gregor Schneider doch schon 1997 im Krefelder Museum Haus Lange eine Frauensperson abgelegt.

Als "alte Hausschlampe Hannelore Reuen" geistert die Figur durch Schneiders Raum-Kunst. Hier aber liegt eine junge Frau. Tot. "Totes Haus UR" nennt der 39-jährige Künstler konsequent das Ensemble von Räumen, die er seit 1985 in seinem Elternhaus an der Unterheydener Straße 12 in Rheydt immer wieder um- und ausgebaut hat und durch die halbe Welt auf Reisen geschickt hat. Berühmt wurde Schneider, als er sein "Totes Haus UR" mit 13 Räumen 2001 im deutschen Pavillon der Biennale Venedig präsentierte.

Eine dritte Figur scheint zu leben: ein Mann, bedeckt von einer Cellophanhülle, deren Form vermuten lässt, dass der Unbekannte gerade eine Erektion hat. Sein Gesicht ist im Dunkeln.

Inzwischen sind wir in einen winzigen Vorraum gelangt, hinter der Tür leuchtet helles Licht. Endlich! Tür auf, und wir sind im Kaffeezimmer, mustern den mit Kaffeegeschirr gedeckten Tisch mit abwaschbarer Tischdecke. Der Boden ist mit grau gestrichenen Bohlenbrettern verkleidet, weiße Raufasertapete bedeckt die Wände. Ein Fenster aus Milchglas ist so beleuchtet, als wäre draußen Tag. Und doch wissen wir: rundum ist nur das schwarze Museum.

Weitere, eher schäbige Räume sind zu sehen: ein großer Waschraum mit Vorhang, Wäscheleinen und einer mit Farbe beschmutzten Matratze, ein Schlafzimmer mit schwarzem Spannbetttuch über der Matratze und blauer Wolldecke, eine leere Abstellkammer und dunkle Nischen. Unheimlich!

Zwei Schneider-Räume gehören dem Museum. 1999 kaufte der Museumsverein die Abstellkammer, und 2007 erwarben die Kulturstiftung der Länder, das Land NRW und die Stiftung für Kunst und Wissenschaft der Stadtsparkasse Mönchengladbach das Kaffeezimmer.

Ab morgen sind der neue Museumseingang auf Zeit (END wird in der zweiten Jahreshälfte 2009 wieder abgebaut) und die Raum-Inszenierung öffentlich zugänglich. Weil Schneider und Museumschefin Titz Wert darauf legen, dass jeder Besucher allein die erhofften "existenziellen Erfahrungen" macht, darf stets nur eine Person allein hinein. Ab 12 Uhr wird am Samstag, 8. November, am Museum gefeiert. Und die MKV-Showband musiziert.

(RP)
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