Mönchengladbach Aufbruch in unbekannte Nano-Welten

Mönchengladbach · Chemienobelpreisträger Prof. Ben Feringa hat Nano-Autos und Lichtschalter für Moleküle entwickelt. Sein Publikum war begeistert.

 Der Nobelpreisträger war auf Einladung des Initiativkreises Mönchengladbach zu Gast an der Hochschule Niederrhein.

Der Nobelpreisträger war auf Einladung des Initiativkreises Mönchengladbach zu Gast an der Hochschule Niederrhein.

Foto: hans-Peter Reichartz

Ben Feringa brennt für sein Fach. Und diese Leidenschaft für Chemie kann er vermitteln - nicht nur an seine Schüler und Studenten, sondern auch an das Publikum in Mönchengladbach, das sich im vollbesetzten Audimax der Hochschule Niederrhein eingefunden hat und sich von seinem Vortrag begeistern lässt. Der niederländische Chemiker ist im Rahmen der Nobelpreisträgerreihe auf Einladung des Initiativkreises zu Gast in Mönchengladbach. Er hat gemeinsam mit zwei anderen Forschern 2016 den Chemie-Nobelpreis für bahnbrechende Forschung im Bereich der Nano-Technologie erhalten. Für die Entwicklung winzigster Maschinen und die Möglichkeit, Moleküle ein- und auszuschalten.

Professor Andreas Lahm, Geschäftsführer der Kliniken Maria Hilf und Schirmherr der Veranstaltung, hob besonders die Möglichkeiten hervor, die Feringas Forschungen in der Medizin schaffen. "Smarte Medikamente, die beispielsweise in der Onkologie eingesetzt werden, können eine vielfache Wirkung erzielen", sagt der Mediziner in seiner Einführung, in der er auch humorvoll darauf verwies, dass der Nobelpreis für den niederländischen Chemiker keineswegs überraschend kam. Er wurde schon 2010 in der US-Kultserie Die Simpsons vorausgesagt, ebenso wie die Präsidentschaft von Donald Trump übrigens.

 Bauunternehmer Ernst Kreuder und seine Frau Christine

Bauunternehmer Ernst Kreuder und seine Frau Christine

Foto: D. Richters

Als Kind war Ben Feringa fasziniert von Forschern und Entdeckern wie Abel Tasman, dem Entdecker Neuseelands und der nach ihm benannten Insel Tasmanien. Die unbekannten Welten, deren Erforschung Feringa sich widmet, liegen aber nicht in den Weiten des Ozeans, sondern im Inneren der Materie. Er bewegt sich in Nano-Räumen, in Dimensionen der Winzigkeit, die kaum noch vorstellbar sind. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter. Ein menschliches Haar ist in diesen Bereichen riesig - es hat einen Durchmesser von 80.000 Nanometern. Ben Feringa und sein Team haben Maschinen im Nanobereich gebaut - Moleküle, die sich autonom bewegen können. "Materialien können Chemiker schon lange herstellen", erklärt Feringa. Aber es war zuvor nicht gelungen, etwas zu schaffen, das sich selbstständig bewegt. Doch Feringa hat es geschafft, molekulare Maschinen zu bauen. Am bekanntesten ist das Nanocar, ein winziges Fahrzeug. Feringa präsentiert es auf der Leinwand. "Es fährt nicht, es läuft", erklärt er dem staunenden Publikum die Fortbewegungsart. Als Treibstoff für das Nano-Auto verwenden die Forscher Glukose, also Zucker. Die Nanomaschinen sind keine Spielerei, sondern unter anderem Werkzeuge für die Medizin von morgen. Sie können Wirkstoffe genau an die Stelle im Körper transportieren, an der sie gebraucht werden. Vielleicht können sie eines Tages auch kleinste Tumore im Körper aufspüren und an Ort und Stelle zerstören. "Das alles sind erst die ersten Schritte", erklärt der Nobelpreisträger, der an der Universität Groningen forscht und lehrt.

Auch die molekularen Schalter, die er entwickelt hat, lassen sich besonders gut im medizinischen Bereich einsetzen. "Es geht darum, inaktive Pillen in dem Moment einzuschalten, an dem sie an der Stelle des Körpers sind, wo sie wirken sollen", sagt Feringa. Das Ein- und Ausschalten funktioniert mit einem Lichtsignal. So kann beispielsweise ein Antibiotikum in der Lunge wirken, zerstört dabei aber nicht die Darmflora. Ein wichtiger Schritt, um multiresistenten Keimen entgegenzuwirken, die der Chemiker eine "tickende Zeitbombe" nennt. Lichtkontrollierte Antibiotika sind ein neuer erfolgversprechender Weg, um dieses Problem, das die Menschheit ernsthaft bedroht, zu lösen.

 Unternehmer Eugen Viehof mit Prof. Ulrich Kania, Chefarzt Maria Hilf

Unternehmer Eugen Viehof mit Prof. Ulrich Kania, Chefarzt Maria Hilf

Foto: Denisa Richters
 Kamen eigens aus Düsseldorf: Antje Verhoeven-Helf (l.) und Margit Jandali.

Kamen eigens aus Düsseldorf: Antje Verhoeven-Helf (l.) und Margit Jandali.

Foto: Denisa Richters

Im an den Vortrag anschließenden Gespräch mit TV-Moderator Christoph Teuner lässt sich der Forscher noch ein wenig in die Karten gucken. So erzählt er von dem Tag, als ihn das Nobelpreiskomitee anrief und er die Nachricht von der Verleihung kaum glauben konnte, obwohl er schon lange als Kandidat gehandelt worden war. Oder dass ihm die Universität einen Stellplatz für sein Fahrrad ausgeschildert hat - mit der Aufschrift "Nur für Nobelpreisträger".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort