Mönchengladbach Befreier des Akkordeons am Werk

Mönchengladbach · Krisztián Palágyi beschließt den Zyklus "Best of NRW" im Schloss Rheydt.

Ein Mann, Mitte zwanzig, sitzt im Schloss Rheydt. Er windet sich, dehnt seinen Körper in fast wahnhafter Geste. Seine Augen sind geschlossen, genussvoll beugt er sich nach hinten. Plötzlich überrascht er mit wildem Zucken, ein Schnauben reiht sich an raue Flüstertöne - er stampft mit dem Fuß. Krisztián Palágyi heißt der junge Mann, und in seinen Armen hält er eine italienische schwarze Schönheit. Es ist ein Akkordeon, ein Bajan der Marke Bugari, auf dem er soeben mit großer musikalischer Explosionskraft ein zeitgenössisches Stück zu Gehör gebracht hat.

Palágyi ist ein wahrhafter Meister jenes ganz besonderen chromatischen Knopfakkordeons, auf dem es möglich ist, sich auch in musikalische Gefilde jenseits wohlgefälliger volkstümlicher Musik zu begeben. Ohnehin dürften Akkordeonisten leider zu oft mit Vorurteilen dieser Sorte zu kämpfen haben. Vielleicht rührt auch Palágyis offensichtlich große Vorliebe für provokante, ganz und gar nicht lauwarme, eben auch mal zeitgenössische Klangwelten daher. So bewies er eindrucksvoll in der vierten Folge der Serie Zykluskonzerte "Best of NRW" sympathische Unangepasstheit.

Der 1991 als Sohn ungarischer Eltern in Serbien geborene Musiker studiert derzeit an der Wuppertaler Dependance der Musikhochschule Köln. Er gehört zu jenen Instrumentalisten, bei denen Gestik und Mimik aus tiefstem Durchleben herrühren, wirken sie auch bei oberflächlichem Betrachten mitunter etwas überzogen. Klanglich setzte er im Rittersaal auf virtuose Prägnanz mit Werken von Bruno Mantovani (*1974), Georg Katzer (*1935), Alfred Schnittke oder auch Vinko Globokars "Dialog über Luft". Letzteres ist ein wahrlich - wie Palágyi selbst bekundet - "brutales Stück Musik" des 1934 in Frankreich geborenen slowenischen Komponisten: voller sarkastischer Energie und Tiefe. Doch Gefälligeres, so Transkriptionen von Liszt über Schubert und von Waxmans virtuose Carmen-Fantasie, gelang dem hin und wieder noch etwas ungestümen Solisten auch überzeugend. Lyrischen Tiefgang bewies er mit einer Bach-Partita und Glinkas Romanze "Die Lerche". Der ungarische Spross ließ es sich nicht nehmen, als Zugabe neben anderen Highlights doch noch auch Volkstümliches zu spielen: Montis Csárdás, aber zum Glück ohne Zuckerguss!

(laki)
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