Mönchengladbach Beschwingter Bändertanz und Feuerspiel

Mönchengladbach · Seit Sonntag ist Franz Lehárs romantische Operette "Das Land des Lächelns" am Theater zu sehen. Den musikalisch beschwingten Abend dirigiert ein Wiener, der Kapellmeister Alexander Steinitz. Ein Spiel mit viel Licht und Schatten.

 Kairschan Scholdybajew in der Rolle des Prinzen Sou-Chong in einer Szene der Neuinszenierung der Operette "Das Land des Lächelns".

Kairschan Scholdybajew in der Rolle des Prinzen Sou-Chong in einer Szene der Neuinszenierung der Operette "Das Land des Lächelns".

Foto: Matthias Stutte

Nach dem düsteren ersten Akt wollen etliche Premieren-Zuschauer lieber sitzen bleiben, statt schon in die Pause zu müssen. Aber Franz Lehárs Operette "Das Land des Lächelns" wechselt im zweiten Akt den Ort. Nach dem miefigen, düsteren, grauschwarz-engen Gründerzeit-Wien sind wir im Land des Lächelns: Alles ist bunt und hell. Aber wenn man genau hinschaut, ist mit den Drachen im goldblauroten riesigen Wandteppich-Ornament nicht gut Kirschen essen. Naja, jedenfalls muss die Bühne nach einer Dreiviertelstunde umgebaut werden.

 Ein grimmiger Drache beherrscht die Bühne im zweiten Akt.

Ein grimmiger Drache beherrscht die Bühne im zweiten Akt.

Foto: Stutte, Matthias

Zur Belohnung raunen nachher Ahs und Ohs durch den Saal, denn ein leibhaftiger Feuerakrobat tanzt durch die Szenerie. Später wuseln Bändertänzerinnen, Turner und vier (fast) nur mit transparenten Schleiern bedeckte Jungfrauen pittoresk durchs Bild - und das lässt man sich gern gefallen in dieser eher schlaffen Inszenierung von Jakob Peters-Messer in der Ausstattung Markus Meyers.

Beifall gibt's trotzdem reichlich während und nach der Aufführung, die auch wirklich all die Musik versammelt, die den Welterfolg dieser Operette begründet. "Tee á deux", "Du bist so lieb, du bist so schön", "Ich möchte wieder einmal die Heimat sehn", "Aus Apfelblüten einen Kranz" und natürlich das unvergessene "Dein ist mein ganzes Herz". Man kann sich regelrecht berauschen an den genialischen Einfällen, mit denen Lehár die Zwischenkriegszeit karamellisierte. Im Graben entwickelt ein echter Wiener, der Erste Kapellmeister Alexander Steinitz, das rechte Gespür für Fermaten und die kleinen Schlenker, die das gewisse Etwas der bisweilen mit Harfe, Celesta und anderem Zuckerguss aufgehübschten Musik ausmachen. Aber auch für die dissonanten Passagen, in denen Lehár auf der Höhe der Zeit ist, hat er ein Händchen.

Und gesungen wird sehr anständig. Kairschan Scholdybajew, der den Prinzen Sou-Chong hörbar erkältet interpretiert, nennt einen, wenn auch eindimensionalen, so doch strahlenden, höhensicheren, durchschlagenden Tenor sein Eigen. Seine Partnerin Lisa ist Janet Bartolova. Ihr dramatisch eingefärbter Sopran weist eine Tendenz zu leicht verfärbten Vokalen und unkenntlichen Konsonanten auf und gerät bisweilen ein wenig aus der Facon, hat aber auch etliche romantisch schwelgende Momente. Beide Hauptdarsteller spielen etwas steif und sind nicht immer gut zu verstehen, was eine Übertitelung wünschenswert machte.

Die Ovationen im Schlussapplaus bekommt das "Buffopaar", Susanne Seefing als Prinzessin Mi und Markus Heinrich als immer unglücklich verliebter Gustl. Wie Susanne Seefing Gehversuche auf Stöckelschuhen macht und dabei die ellenlange Zigarettenspitze balanciert, das ist gar köstlich. Beide singen im Übrigen sehr jugendlich - sympathisch.

Irgendwann gegen Ende der knapp zweieinhalb Stunden voller Ohrwürmer spricht eine Chordame mal einen Satz im Wiener Dialekt, und da spürt man, wie es im "Land des Lächelns" auch hätte zugehen können. So begnügt man sich mit Hausmannskost statt Palatschinken. Aber die Melodien, sie klingen noch auf dem Nachhauseweg nach.

(ark)
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