Mönchengladbach Bewährungshelfer am Limit

Mönchengladbach · 72 verurteilte Straftäter hat jeder Bewährungshelfer im Landgerichtsbezirk Mönchengladbach zu betreuen – vorgesehen sind lediglich 45. Der Wunsch der Sozialarbeiter: mehr Personal. Nur so funktioniere gute Betreuung.

72 verurteilte Straftäter hat jeder Bewährungshelfer im Landgerichtsbezirk Mönchengladbach zu betreuen — vorgesehen sind lediglich 45. Der Wunsch der Sozialarbeiter: mehr Personal. Nur so funktioniere gute Betreuung.

Die 30 Bewährungshelfer im Landgerichtsbezirk Mönchengladbach betreuen 45 Straftäter — so wenigstens sieht es in der Theorie des Justizministeriums aus. Im richtigen Leben kümmert sich jeder Sozialarbeiter um 72 Straftäter. Die Konsequenz: Den Bewährungshelfern bleibt immer weniger Zeit für Beratungsgespräche, freiwillige Angebote der Bewährungshilfe, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen, müssen womöglich wegfallen. "Wir sind am Limit", sagt Wolfgang Ringel, Bewährungshelfer in Mönchengladbach. "Unser Wunsch ist ausreichend Personal, damit die Qualität unserer Arbeit nicht leidet", stimmt sein Kollege Stefan Gallois zu .

Zum 29. August wird das Personal der Bewährungshilfe des Landgerichtsbezirks auf 30 Mitarbeiter aufgestockt — eine notwendige Maßnahme, die nur das Schlimmste verhindert, meint Wolfgang Ringel. Schließlich müssen im Landgerichtsbezirk rund 1800, in Mönchengladbach etwa 940 Probanden (so werden die Straftäter in der Bewährungshilfe genannt) betreut werden. Drei Kollegen seien in den vergangenen zwei Jahren ausgeschieden, einer falle in diesem November offiziell aus. Neu besetzt wurden diese Stellen lange nicht.

Für die Arbeit der Bewährungshilfe hat das Konsequenzen, denn: "Zeit ist eine ganz wichtige Geschichte in der Betreuung", sagt Wolfgang Ringel. Gibt es zu wenige Bewährungshelfer, bleibt weniger Raum für den Einzelnen. Dabei muss die Arbeit der Bewährungshelfer in zwei unterschiedliche Richtungen gehen: "Einerseits müssen wir kontrollieren, dass die Auflagen des Gerichts eingehalten werden, andererseits geht es um die persönliche Entwicklung des Probanden", sagt Sozialarbeiter und Bewährungshelfer Stefan Gallois.

Statistik ist Nebensache

Um dann ganz genau hinschauen zu können, braucht es Zeit. Gespräche darüber, was in der Vergangenheit schiefgelaufen ist und wie die Probleme gelöst werden, sind nicht in zehn Minuten abzuhandeln. "Und es ist einfach frustrierend, wenn man sich dem Probanden nicht so zuwenden kann, wie die Größe des Problems es erfordern würde", sagt Wolfgang Ringel. Er und seine Kollegen sind gelernte Sozialarbeiter mit dem Schwerpunkt Bewährungshilfe. Ihnen geht es nicht um Statistik, sondern um den Menschen. "Wir wollen ja, dass der Proband es schafft, dass es für ihn klappt", sagt Gallois. Dafür arbeiten die Sozialarbeiter auch mal spät abends oder am frühen Samstag. "Je nachdem, wie die Klienten es brauchen", erklärt Gallois.

Wegen der engen Personalsituation überlegen die Bewährungshelfer immer, an welcher Stelle sie kürzen können: Gruppenstunden, Anti-Aggressions-Training, freiwilligen Dienstleistungen der Bewährungshilfe müssen dran glauben, wenn es darum geht, zu sehen, was mit der Mitarbeiterzahl möglich ist. Irgendwann sei eine Belastungsgrenze erreicht, so Wolfgang Ringel: "Mehr geht einfach nicht mehr."

(RP)
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