Mensch Gladbach Bitte, bitte, liebe Stadt, nimm meine Spende

Mönchengladbach · Heute lesen Sie: Warum Kommunalpolitiker oft überfordert sind. Warum Sitzungen entschlackt werden müssen. Und warum Spender oft zu Bittstellern werden.

Sagen Sie nicht, dass unsere Stadt-Politiker sich nur auf Empfängen herumtreiben, ansonsten nichts tun und keine Ideen haben. Dass sie unkreativ sind. Dass sie nur Sitzungsgeld einstreichen. Das alles stimmt so nicht. Und wenn Sie hinter letzterem Satz irgendeine spitzfindige Ironie vermuten: Nein, das ist so gemeint, wie es da steht. Vor allem in der Kommunalpolitik kann man nur allein durch den Einsatz für das Gemeinwohl nicht reich werden: Vergleicht man das Engagement in Gremien mit dem Ertrag durch diese Tätigkeit, arbeitet der Lokalpolitiker unter dem Mindestlohnsatz. Beim Berufspolitiker, den Abgeordneten im Landes-, Bundes- und Europa-Parlament, ist das etwas anders.

Nun wollen wir Sie nicht auffordern, mit dem Hut herumzugehen und für notleidende Kommunalpolitiker zu sammeln. Es ist ja alles freiwillig, niemand wird gezwungen, Politik zu machen. Wer sich dieser Aufgabe stellt, muss nicht nur viel Einsatz auch außerhalb der Sitzungen zeigen, sondern sich kritisieren und, das ist heute leider so, sogar wüst beschimpfen lassen. Ein Politiker muss auch Verantwortung tragen - etwa über viele, viele Millionen Euro, die jedes Jahr aufgrund der Entscheidungen der Volksvertreter in der Stadt eingesetzt werden.

Und dann schauen Sie sich einmal die Tagesordnungen von Sitzungen des Rates an. Zum Beispiel die des Bau- und Planungsausschusses. Da stehen oft mehr als 30 Themen auf der Tagesordnung, mit langatmigen Erläuterungen von Spezialisten, umfangreichen Powerpoint-Vorträgen und einer abschließenden von der Verwaltung erarbeiteten Beschlussvorlage. Zwischendurch müssen die Volksvertreter dann auch noch gewahr werden, wenn die Planer Klimmzüge machen, die niemand so recht will. Zum Beispiel Sichtachsen einbauen. Oder Blumenkübel verhindern. Oder ein Stadtkassenportal abbauen.

Und am Ende heben unsere Freizeitpolitiker die Hand und stimmen mal eben so über Investitionen in Millionenhöhe ab. Auch in dieser Hinsicht fordern wir Sie nicht zur Nachsicht auf. Aber alle sollten sich einmal die Frage stellen, ob Sitzungen nicht thematisch entschlackt werden sollten und ob es bessere Systeme geben muss, um Verwaltung besser zu kontrollieren - denn das ist ebenfalls Aufgabe unserer Freizeitpolitiker.

Die haben in den nächsten Wochen zum Beispiel über 300.000 Euro abzustimmen, die Bürger für Projekte bekommen sollen, wenn sie mit eigenem Geld oder mit Arbeit einen Gegenwert leisten. Das ist eine richtig gute Idee, die der Stadt manches Segensreiches gebracht hat. Nun ist es so, dass in diesem Jahr von der Gesamtsumme gerade mal die Hälfte abgerufen wird. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben. Wer sich aber anschaut, bei welchen Anträgen die Stadt eine Ablehnung empfiehlt, wundert sich.

Da will zum Beispiel das Netzwerk Bunter Garten, ein rühriger Verein, der sich um die Parkanlage kümmert und einen tollen Spielplatz geschaffen hat, dem angrenzenden Bolzplatz zu einem neuen Kunststoff-Bodenbelag verhelfen. Nach einem Blick in die Förderrichtlinien sagt die Verwaltung: Eigenanteil wird zwar erreicht, aber Höchstgrenze von 50.000 Euro überschritten; außerdem ist der Ersatz eines Bodenbelags eine kommunale Pflichtaufgabe - nicht förderfähig.

Da spielt es keine Rolle, dass der Verein den Betrag über 50.000 Euro selbst übernehmen will. Und dass er der Stadt, also allen Bürgern, aus einer Bredouille verhilft, weil er Stadtvermögen kräftig aufwertet. Ein potenzieller Spender muss also bitten und betteln, damit seine Spende angenommen wird. Kurios - oder?

(RP)
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