Mönchengladbach Blauer Knopf gegen den Zeitdruck

Mönchengladbach · Der Bus hält, die Türen sind offen. Jetzt also den Rollator schnell an die Tür schieben, die Bremse anziehen, den Rollator kippen, die vorderen Räder im Bus platzieren, die Bremse lösen, den Rollator nach vorn schieben, wieder die Bremsen anziehen und selbst einsteigen. Das ist nicht so einfach, wie es aussieht, und es dauert.

 Rollatortag vor dem Minto: Beim Selbstversuch mit Anleitung durch den Polizeibeamten Erwin Hanschmann lernt unsere Autorin, dass es nicht leicht ist, mit einem Rollator in den Bus ein- und auszusteigen.

Rollatortag vor dem Minto: Beim Selbstversuch mit Anleitung durch den Polizeibeamten Erwin Hanschmann lernt unsere Autorin, dass es nicht leicht ist, mit einem Rollator in den Bus ein- und auszusteigen.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Wenn man auf den Klappsitzen Platz genommen hat, fällt auch ein blauer Knopf ins Auge, der sich als ausgesprochen wichtig herausstellt. "Wenn dieser Knopf gedrückt wird, schließen die Türen nicht automatisch nach einigen Sekunden wieder, sondern müssen vom Busfahrer geschlossen werden", sagt der Polizeibeamte. "Einen solchen Knopf gibt es übrigens außen auch." Tatsächlich ist er groß und gut sichtbar angebracht, fällt vielen Menschen aber trotzdem nicht auf. Wird dieser blaue Knopf gedrückt, hat man genügend Zeit und muss nicht hetzen. Der Zeitdruck nämlich ist es, der Menschen mit Rollator beim Busfahren besonders belastet. Der ist beim Einsteigen da und beim Aussteigen noch viel mehr. Jetzt muss man nämlich den Bus möglichst rückwärts verlassen. Versucht man es vorwärts, besteht selbst für einen gesunden und beweglichen Menschen die Gefahr, über den Rollator hinweg kopfüber nach vorne zu fallen. Rückwärts geht es deutlich besser, aber das will geübt sein. Denn gerade alte Menschen fühlen sich unsicher beim Rückwärtsgehen. Es ist nicht nur das Ein- und Aussteigen, es gibt auch im Bus etliches zu bedenken. Man sollte sich zum Beispiel nicht auf die Sitzfläche des Rollators setzen, selbst wenn die Bremsen angezogen sind. "Wenn der Bus anfährt, kippt der Rollator um", warnt Hanschmann und führt auch gleich vor, wie das aussieht. Alles im allem zeigt der Selbstversuch, dass Busfahren mit Rollator durchaus eine Herausforderung ist, selbst wenn man noch sicher auf den Beinen ist. Weil aber Busfahren gerade für Senioren wichtig ist, um mobil bleiben zu können, sind sehr viele ältere Menschen am Rollatortraining interessiert, das Polizei und NEW im Rahmen des Rollator-Tages NRW vor dem Minto anbieten. Neben den Bussen ist auch ein Parcours aufgebaut, es gibt einen Sicherheits-check, einen Hörtest und Informationen rund um die Altenhilfe. Vor den Bussen bilden sich schnell lange Schlangen. Anneliese Hermanns ist mit dem neuen Rollator und mit ihrer Tochter gekommen. Mit dem fünf Wochen alten Hilfsgerät hat sie sich noch nicht in den Bus gewagt. "Ich habe gehört, die Busfahrer nehmen Rollatoren nicht mit", sagt sie. Das stimme nicht, sagt Erwin Hanschmann. Es könne aber sein, dass die Stellfläche des Busses mit beispielsweise einem Rollator und einem Kinderwagen schon voll sei. "Mit den Rollatoren kann man nicht einfach im Gang stehen bleiben", erklärt der Polizeibeamte. Das heißt, man kann dann nicht mitfahren, selbst wenn sonst noch Platz im Bus ist. Im Morgenverkehr passiere das schon häufiger mal, bestätigt der anwesende Busfahrer: Dann fängt die Schule an, die Arztpraxen öffnen und die Wochenmärkte ziehen Besucher an. Das Problem, nicht mitgenommen zu werden, hat Lieselotte Kamphausen weniger. Den Zeitdruck beim Ein- und Aussteigen dagegen kennt sie gut. "Wenn ich nur immer so viel Zeit hätte wie hier beim Training", sagt die 90-jährige, die eigentlich noch sehr mobil ist. Auch der blaue Knopf helfe nicht immer. Nein, was hilft, sind Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft, selbst wenn die Zeit manchmal knapp ist.

(RP)
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