Mönchengladbach Blei im Grundwasser: Ist die Straße schuld?

Mönchengladbach · Melanie und Ulrich Gerards kauften ein Haus in Gatzweiler. Doch kurz nach dem Einzug wurden Tiere und Menschen krank.

Nirgends in der Stadt ist es ruhiger als in Gatzweiler. An der Stadtgrenze zu Wegberg im Mühlental gelegen und umgeben von reichlich Grün – ländlicher kann man nicht wohnen. Und schöner auch nicht – fanden Melanie und Ulrich Gerards. Vor etwas mehr als zwei Jahren kauften sie im Ort ein Haus mit großem Grundstück und zogen mit Pferden und Hunden ein. Melanie Gerards erfüllte sich einen Traum. Die Sattler-Meisterin hatte endlich genügend Platz für ihre Werkstatt und den Ausstellungsraum.

Aus dem Traum ist ein Albtraum geworden. "Zuerst wurden die Pferde krank. Sie bekamen Koliken, ein Pferd musste notoperiert werden. Den Hunden fiel das Fell aus, dann kamen bei uns die Beschwerden", sagt Melanie Gerards. Vor allem die junge Frau leidet seit mehr als einem Jahr permanent unter Übelkeit, Bauchschmerz, Kopfschmerzen und Schwindel.

Melanie Gerards lief von Arzt zu Arzt. Keiner konnte ihr helfen. "ich glaube, die haben mich alle nicht ernst genommen." Dann fand das Ehepaar eine Praxis in Eschweiler, die sich auf Vergiftungen und den Nachweis von toxikologischen Belastungen spezialisiert hat. Denn diese Spur verfolgten die Gerards, seitdem der Tierarzt die Vermutung geäußert hatte, die Krankheitssymptome bei den Tieren seien auf ein Gift zurückzuführen. Das Ergebnis der Untersuchungen erschüttert Melanie und Ulrich Gerards. In ihrem Körper wurde Arsen in einer Konzentration von 119,23 Mikrogramm pro Gramm Kreatinin festgestellt. Maximal zulässig wäre ein Wert von 15 Mikrogramm. Zusätzlich sind die Werte für Caesium und Nickel erhöht. Bei ihrem Mann sind die Arsen- und Nickelwerte ebenfalls erhöht, aber nicht in dem Maße wie bei ihr. Die Untersuchung der Tiere ergab hohe Arsen- und Bleiwerte.

Die Gerards beauftragten ein Büro für Umweltgeologie, Bodenschutz und Altlasten. Das Gutachten belegt, dass das Grundwasser unter ihrem Grundstück Blei in einer Konzentration von 17 Mikrogramm pro Liter enthält. Das liegt deutlich über dem Grenzwert von zehn Mikrogramm pro Liter. Woher Arsen, Caesium und Nickel stammen, ist nicht klar. "Wir sind nicht mehr glücklich in unserem Haus, wollen am liebsten ganz schnell weg", sagt Melanie Gerards. "Aber das Haus ist so natürlich unverkäuflich."

Dabei sollten im wunderschön angelegten Garten einmal ihre Kinder spielen. Aus der Zapfstelle am Haus dürfen Menschen und Tiere kein Wasser trinken, nicht einmal mehr Nutzpflanzen dürfen die Gerards damit bewässern. Das selbst gezogene Gemüse. die Küchenkräuter, die eigentlich der Gesundheit dienen sollten, mussten vernichtet werden, auch das Obst ist tabu. "Ich mag schon gar nicht mehr im Garten arbeiten", sagt die Sattlerin.

Mehr als 20 000 Euro haben Melanie Gerards und ihr Mann inzwischen an Tierärzte, Humanmediziner und Gutachter bezahlt. Derzeit werden ihre Körper unter ärztlicher Aufsicht mittels Infusionen entgiftet. Auch das bleibt nicht ohne Folgen. "Nach der dritten Infusion bekam ich Fieber und Schüttelfrost, und am ganzen Köper entwickelte sich ein juckender Ausschlag."

In der Rheinischen Post lasen Melanie und Ulrich Gerards von dem belasteten Material, das in der Süchtelner- und in der Klumpenstraße verbaut worden war. Dort waren Blei und Arsen in hohen Dosierungen gefunden worden. Da ihr Grundstück von der Straße in Richtung Mühlenbach stark abfällt, halten sie es für möglich, dass sich unter der Asphaltdecke möglicherweise auch giftiges Material verbirgt.

"Wir werden den Fall in Gatzweiler sorgfältig prüfen", sagt Stadtsprecher Wolfgang Speen. Aber die Straße K 10, die durch das Dorf führt, läge nicht in städtischer Verantwortung, zuständig sei der Landesbetrieb Nordrhein-Westfalen. Das stimmt nicht. Der Landesbetrieb verweist zurück an die Stadt. "Die Stadt wird prüfen, ob in dieser Hinsicht Informationen vorliegen, die auf einen solchen Sachverhalt hinweisen. Eine konkrete Stellungnahme kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgegeben werden", sagte Wolfgang Speen.

(RP)
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