Mönchengladbach Bratschist auf "skurrilen" Konzertreisen

Mönchengladbach · Der in Rumänien geborene Musiker Ludwig Lang (88) hat seine Erinnerungen vorgelegt. Von 1978 bis 1994 spielte Lang als Solobratscher bei den Niederrheinischen Sinfonikern und im Westdeutschen Streichquartett.

Probevorspiele gehören zum notwendigen Ritual eines Orchestermusikers. Dutzende davon hat der Bratschist Ludwig Lang in seiner langen Musikerlaufbahn absolviert. "Manchmal kam ich atemlos eilend auf den letzten Drücker zum Termin", erinnert sich der 88-jährige Banater, der 1978 aus Bukarest, wo er in der Philharmonie spielte, nach Mönchengladbach kam. "Ich hastete die Hindenburgstraße hoch, um im Theater vor dem Orchester und Generalmusikdirektor Lothar Zagrosek vorzuspielen." Nur zwei Tage vorher hatte er in Aachen ein Vorspiel bestritten. Die Aachener wollten Ludwig Lang engagieren, aber der entschied sich für das Theater und Orchester in Mönchengladbach und Krefeld. "Hauptgrund war, dass ich die Aussicht hatte, die freigewordene Stelle des Bratschisten im Westdeutschen Streichquartett zu übernehmen. Das gefiel mir sehr, hatte ich doch langjährige Erfahrungen im Bukarester Muzica-Quartett gesammelt." Die Position des Primarius (1. Violine) hatte dort wie hier Langs Kollege aus Bukarest, der Geiger Georg Hamza, inne.

Das Westdeutsche Streichquartett - die weiteren Stellen besetzten Rudolf Böttger (Violine) und Werner Selge (Cello) - wirkte seither als prominenter Botschafter der Musik aus Mönchengladbach. Viele Kammerkonzerte führten das Quartett durch Europa und nach Nordamerika.

Zur Bratsche fand Ludwig Lang, der 1929 in Temesvar (Rumänien) geboren ist, über die Geige. "Mein Vater war mein erster Geigenlehrer, dann bekam ich Unterricht bei Josef Brandeisz in Temesvar", erzählt Lang. Brandeisz bahnte dem jungen Geiger auch den Weg zur Viola. Die Ausbildung zum Bratschisten vervollständigte Lang dann in Bukarest. Ein für einen Solisten angemessenes Instrument konnte er sich erst leisten, als er bei den Niederrheinischen Sinfonikern gelandet war. "Ich habe auf einer Bratsche aus der Werkstatt von Carlo Antonio Testore gespielt, Baujahr 1760", sagt er mit Wehmut in der Stimme. Gesundheitliche Probleme, die nach der Pensionierung 1994 auftraten, machten die Fortsetzung seiner Karriere unmöglich. Schweren Herzens verkaufte Lang seine Bratsche.

Seine älteste Tochter Renate und seine Frau Mia (90) regten den Musiker an, sein Leben für Familie und Freunde aufzuschreiben. Daraus erwuchs ein Buchprojekt. "Die skurrilen Konzertreisen eines Bratschers" lautet der Titel der im Selbstverlag erschienenen Autobiografie. Darin vermischt der 88-Jährige, der als Autor weniger Übung hat denn als Musiker, Geschichten aus seiner Kindheit und Familienchronik mit Erinnerungen an Konzertreisen. Er schildert Begegnungen mit Dmitri Schostakowitsch und Aram Chatschaturjan. Spannend zu lesen, wie vor einem Auftritt in New York das Quartett ohne Koffer im Hotel eintraf. "Um 15 Uhr sollte schon das erste Konzert stattfinden, ohne die so schnell nicht ersatzweise neu beschaffbaren Noten wäre das geplatzt", lässt Lang die Aufregung nachfühlen. Gegen zwölf Uhr endlich brachte ein Eilbote die vermissten Koffer ins Hotel. Lang: "Das Konzert war gerettet."

Gern erinnert sich Ludwig Lang an den verstorbenen Mönchengladbacher GMD Yakov Kreizberg zurück. "Es war ein Vergnügen, mit ihm zu arbeiten, er war immer gut gelaunt, ließ die Proben nie langweilig werden und wusste genau, was er dem Orchester abverlangen kann." Große Anerkennung spricht aus Ludwig Langs Urteil: "Das Orchester spielt heute besser als zu meiner Zeit. Die Sinfoniker haben sich toll weiterentwickelt."

Ludwig Langs Buch "Die skurrilen Konzertreisen eines Bratschers" ist in der Buchhandlung Degenhardt, Friedrichstraße 14, vorrätig. Der Preis beträgt 22 Euro.

(ri-)
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