Die Idee ist naheliegend. Schließlich schaute selbst Norbert Bude anerkennend auf den Konzertveranstalter, als dieser sich bei einer öffentlichen Veranstaltung im Hockeypark nackig machte, um ein Gladbach-T-Shirt kamerawirksam lächelnd überzuziehen. Auf diesen Show-Act ist Bude in seinen zehn Amtsjahren nicht gekommen. Außerdem hat Lieberberg auf der Facebook-Seite mehr Likes seiner Unterstützer bekommen, als der Gewinner der Stichwahl morgen an Stimmen haben wird. Trotzdem ist Lieberberg ungeeignet. Er kann nicht reiten. Und wer sich beim Stadtschützenfest nicht aufs Pferd setzt, kann nicht Oberbürgermeister unserer Stadt werden. Außerdem ist er ein Mann mit Visionen, Tatkraft und wirtschaftlichem Verstand.

2. Wenn nicht Lieberberg, wer ist dann der härteste Konkurrent von Norbert Bude?

Das Wickrather Genussfest, die Schützenfeste in Broich-Peel, Ohler-Ohlerfeld und Geistenbeck, der Jazzfrühschoppen der Kreishandwerkerschaft und die Veranstaltungen der Heiligtumsfahrt. Die sind alle am Wahlsonntag. Bude hat das größere Mobilisierungsproblem, weil seine Partei nicht zu 100 Prozent hinter ihm steht und weil er ohnehin Tausende von Stimmen aus dem bürgerlichen Lager braucht. Außerdem liegt er ausgerechnet dort vor Hans Wilhelm Reiners, wo die Wahlmüdesten leben.

3. Warum wählen nicht alle SPD-Anhänger Norbert Bude?

Weil sich der Oberbürgermeister über die Jahre von seiner Partei emanzipiert hat. Manche Sozialdemokraten haben sich in der Wild-West-Ampelzeit von ihm im Stich gelassen gefühlt. Weil die SPD ein zerstrittener Haufen ist. Und weil es manchem gut zu pass käme, wenn die Partei erst mal für sechs Jahre in Schutt und Asche läge, um ihr dann 2020 aus fleischtopf-trächtiger Position zu einem phönixhaften Comeback verhelfen zu können.

4. Und warum wählen nicht alle CDU-Anhänger Hans Wilhelm Reiners?

Weil sich nicht alle sicher sind, ob er es wirklich besser kann als Bude. Weil viele Sorge um den Markenkern der Partei haben, wenn Schwarz-Grün kommt. Und Schwarz-Grün ist fast so sicher wie das Amen bei der Heiligtumsfahrt, wenn Reiners siegt. Und weil sie glauben, dass Demut ihrer Partei gut tut. Ratsmehrheit und Oberbürgermeisteramt könnte zu viel des Guten sein.

5. Warum trägt OB-Kandidat Hans Wilhelm Reiners auf den Plakaten Krawatte und OB Norbert Bude nicht?

Weil es im richtigen Leben genau umgekehrt ist. Der Oberbürgermeister muss von Amts wegen bei vielen offiziellen Terminen Krawatte tragen und will auf seinen jüngsten Plakaten zeigen: Ich bin trotzdem locker und einer von euch. Umgekehrt ist Reiners kein Krawatten-Typ und will nun signalisieren: Fürchtet euch nicht, ich kann auch seriös.

6. Welche Themen haben den Wahlkampf bestimmt?

Sorry, mein Telefonjoker geht gerade nicht ran. Ich habe da ein Blackout und kann mich an keine großen Themen erinnern. Ehrlich gesagt, nicht mal an Wahlkampf. Passe.

7. Dann anders gefragt: Warum hat Reiners in Diskussionen Bude so oft zugestimmt?

Sagen wir mal wohlwollend: Weil er den bürgerlichen Wählern, die die beiden letzten Male Bude gewählt haben, zeigen will: Ich bin der Neue, aber ungefähr so wie der Alte, den ihr mögt. Weniger wohlwollend: Weil er in den Diskussionen nicht bissig und zupackend genug war. Und neutral: Weil sich beide als Typen einfach ähnlich sind und in einer Reihe von Themen im wesentlichen derselben Meinung.

8. Kann im schwarzen Mönchengladbach überhaupt ein Roter dreimal Oberbürgermeister werden?

Nein! Allerdings hätte eigentlich auch nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit, der Logik und des Mondkalenders niemals ein Sozialdemokrat in dieses Amt gewählt werden dürfen. Und erst recht nicht auch noch wiedergewählt werden.

9. Was macht eigentlich Norbert Bude, wenn er verliert?

Was anderes.

10. Und was macht Hans Wilhelm Reiners, wenn er verliert?

Dasselbe wie bisher.

11. Für welche Partei steht mehr auf dem Spiel?

Für die SPD. Sie wird dann im Gegensatz zu 2009 wohl weder Teil der Ratsmehrheit sein noch den Oberbürgermeister stellen. Das ist ein Abstieg wie bei einem Ex-Promi, der ins Dschungelcamp muss. Die CDU ist Wahlsieger - das OB-Amt ist die dicke Portion Schlagsahne, die den Kuchen erst so richtig lecker macht.

12. Duell, Finale, Plakate auf Müllautos - da müssen doch mal richtig viele wählen gehen, oder?

Nein. Es gehen Sonntag nur unwesentlich mehr ins Wahllokal als ins Freibad. Im Rheydter Wahlbezirk Amtsgericht/Innenstadt waren es schon vor drei Wochen unter 30 Prozent. Erfahrungsgemäß liegt die Beteiligung bei Stichwahlen rund 10 Prozentpunkte unter der vom ersten Wahlgang. Der Oberbürgermeister, der morgen Abend die Korken knallen lässt, hat wahrscheinlich nicht einmal 20 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten bekommen.

13. Wen wählt eigentlich Karl Sasserath?

Ich bitte Sie! In Deutschland haben wir das Wahlgeheimnis. Ich kann Menschen auch nur vor den Kopf gucken und öffne aus Prinzip keine Wahlumschläge.

14. Schon klar. Und unter uns?

Hat er als Bezirksvorsteher so viel mit der Verwaltung zu tun, dass er genau weiß, dass es an zu vielen Stellen nicht gut läuft. Außerdem weiß er, wie er am besten Bezirksvorsteher in Rheydt bleibt und will nicht immer nur als fundamentaler Bürgerschreck wahrgenommen werden.

15. Und genau so unter uns: Wen wählt CDU-Urgestein Reiner Brandts?

Genau deswegen nicht denjenigen, den Sasserath wählt.

16. Schluss mit lustig: Wer gewinnt denn nun?

Wie bei der WM: nicht immer der Bessere. Manchmal einfach derjenige, der das Glück hat, einen japanischen Schiedsrichter zu haben.