Mönchengladbach Bude und Reiners schärfen die Kanten

Mönchengladbach · Beim ersten Rede-Duell der beiden OB-Kandidaten warb der SPD-Amtsinhaber für eine Politik ohne vertraglich geregelte Mehrheit. Der CDU-Herausforderer würde am Sozialetat sparen, weniger repräsentieren und weniger auf Logistik setzen.

 Michael Obst vom Niederrheinischen Presseverein moderierte die Runde zwischen Amtsinhaber Norbert Bude (li.) und Herausforderer Hans Wilhelm Reiners (re.).

Michael Obst vom Niederrheinischen Presseverein moderierte die Runde zwischen Amtsinhaber Norbert Bude (li.) und Herausforderer Hans Wilhelm Reiners (re.).

Foto: Detlef Ilgner

Ein SPD-Oberbürgermeister, der auch für Christdemokraten wählbar ist, und ein CDU-Herausforderer, der auch bei Sozialdemokraten gut ankommt? Das klingt nach einem leckeren Rezept für Friede-Freude-Eierkuchen, aber nicht akut nach trennscharfen Profilen, die Wahlentscheidungen beeinflussen. Darum waren Amtsinhaber Norbert Bude (SPD) und Kandidat Hans Wilhelm Reiners (CDU) beim ersten "Duell" vor der Kommunal- und OB-Wahl sichtlich darum bemüht, ihre Unterschiede zu betonen. Vor rund 40 Zuhörern in der Sozietät FRH Rechtsanwälte/Steuerberater — eingeladen hatte der Bundesverband mittelständische Wirtschaft — ging es dabei in allererster Linie um wirtschaftspolitische Fragestellungen. Die wichtigsten Erkenntnisse:

BÜNDNISSE Nach der Erfahrung mit der Ampel — den Kooperationsvertrag hatte er seinerzeit selbst mit unterzeichnet — warb OB Bude mehrfach und nachdrücklich für eine Politik ohne vertraglich festgelegte Mehrheiten. Seit dem Ampel-Aus seien zu "90 Prozent einstimmige Entscheidungen" im Rat gefällt worden. Reiners tat dies als "idealistische Vorstellung" ab, der Aufwand ohne stabile Mehrheiten sei ungleich höher — und für den Bürger fehle die Verlässlichkeit.

AMTSVERSTÄNDNIS Reiners würde, käme er ins Amt, weniger repräsentieren. "Ich beobachte, dass es den einen oder anderen Termin gibt, den man als OB nicht zwingend wahrnehmen müsste", sagte der Fraktionsgeschäftsführer der CDU. Bude hielt dagegen, dass Repräsentieren keine "Spaßveranstaltung", sondern harte Arbeit sei — so sei der Veilchendienstagszug etwa auch ein wichtiges Marketinginstrument. Das Verhältnis von Verwalten und Entscheiden zu Repräsentieren betrage rund 80 zu 20 — und auch einem OB Reiners würde es nicht gelingen, "in dieser Stadt andere Nuancen zu setzen", so Bude.

WIRTSCHAFTSPOLITIK "Wenn der Regiopark voll ist, muss auch mal gut sein mit Logistik", sagte Reiners — er würde als OB Bestandswahrung über Neuansiedlungen gewichten und den Fokus auf neue Arbeitsplätze für Höherqualifizierte setzen. Bude erwiderte, dass dies mit Projekten von Santander und Ricoh bereits geschehe und dass die Stadt aufgrund ihrer Arbeitslosenstruktur Jobs für Niedrigqualifizierte dringender benötige. Bei kritischen Zwischenfragen aus dem Publikum konnte er punkten. 70 Prozent der neuen Zalando-Mitarbeiter seien vorher arbeitslos gewesen — und dem Zuruf, sie müssten aber aufstocken, hielt er ein "Bisher zahlen wir sie ganz" entgegen. Jedoch irritierte er die versammelten Unternehmer mit der Aussage, dass er Zalando als "Mittelstand" bezeichnen würde.

FÜHRUNG Wenn Dinge nicht gut funktionieren, ist es nur logisch, dass Herausforderer dies argumentativ ausschlachten. Die aktuellen Querelen im Planungsbereich der Stadtverwaltung sind dafür ein gutes Beispiel. Mit scharfem Zungenschlag kritisierte Bude "einen geneigten Kollegen, der nach dem Motto ,Herr Lehrer, ich weiß was'" vieles in die Öffentlichkeit trage, und kündigte an, dass noch 2014 alle 61 Stellen besetzt sein würden — auch indem man bewusst in anderen Bereichen Lücken reiße. "Das verantworte ich", sagte Bude. Reiners hielt entgegen, dass der OB es sich "zu einfach" mache. Die angesprochenen Missstände seien nicht durch Indiskretionen, sondern als Antwort auf eine Anfrage publik geworden. Und: Es herrsche eine hochgradige Verunsicherung bis in die Sacharbeiterebene hinein, es mangele an Verlässlichkeit und an Motivation.

FINANZEN Stärkungspakt Stadtfinanzen — "das ist die Antwort auf die Frage nach der Haushaltskonsolidierung", sagte Bude. Reiners kündigte an, sich im Falle eines Wahlsiegs auch an das "heiße Eisen" des Sozialetats heranzuwagen. "Da wagt niemand, den ersten Schritt zu machen — ich würde mich da rantrauen." Konter Bude: "95 Prozent aller Ausgaben sind ohnehin Pflichtausgaben."

FAZIT Rund die Hälfte der versammelten Unternehmer hatte zu Anfang noch keinen Favoriten, zwei zuvor Unentschiedene hatten am Ende einen. Gesamteindruck: Unentschieden — aber durchaus eher ein 3:3 als ein müdes 0:0.

(RP)
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