Mönchengladbach Bürgerrechtlerin berichtet von der DDR

Mönchengladbach · Da stehen sie alle eng beieinander, stramm in einer Reihe. "Freundschaft!", ruft die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier, als sie vor den Schülern steht. "Freundschaft!", antworten sie. Die Abiturienten des Gymnasiums an der Gartenstraße nehmen für einen Tag die Rolle der Schüler in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik ein. Nach dem Begrüßungsappell dürfen sie sich setzen, und der Unterricht beginnt.

 Projekttag zur DDR-Geschichte mit Freya Klier.

Projekttag zur DDR-Geschichte mit Freya Klier.

Foto: Isabella Raupold

Rund 50 Schüler machen eine Reise in die deutsche Geschichte. Die Geschichtsschüler nutzen ihre Projekttage, um eine ehemalige DDR-Bürgerin einzuladen. Nicht die Geschichtslehrer unterrichten wie gewohnt, sondern eine Zeitzeugin. Freya Klier ist Regisseurin, eine Mitbegründerin der DDR-Friedensbewegung und DDR-Bürgerrechtlerin. Sie referiert an diesem Tag über die Beschlagnahmung ihrer Manuskripte, Verhaftung und unfreiwillige Ausbürgerung.

"Erschreckend anzuhören, wie Bürger verfolgt wurden. DDR-Geschichten kenne ich nur aus dem TV, doch Frau Klier erzählt so, als wäre ich mit dabei. Als wäre Geschichte lebendig im Klassenzimmer", sagt Abiturient Florian Bachmann (18). Mitschülerin Johanna Mones (18) hat während des Vortrags mit den Tränen zu kämpfen. "Meine Großeltern erzählen mir ungern aus der Zeit, doch heute konnte ich erst wirklich nachvollziehen, was sie durchgemacht haben", sagt sie.

Als Klier Textpassagen aus ihrem Buch "Abreißkalender" vorliest, kullern einigen Schülern die Tränen über die Wangen. "Ich habe es geschafft und stehe jetzt hier vor euch. Doch noch heute sind mehr als 70 Staaten unter diktatorischer Regierung. Ihr seid die Zukunft, und die Welt braucht eure Hilfe", sagt sie, als sie ihr Buch kurz zur Seite legt. Florian wirkt entschlossen und verrät seine Zukunftspläne. "Nach dem Abitur möchte ich Internationales Recht studieren. Ich will meinen Beitrag für die Menschheit leisten", sagt er. "Die Flüchtlingssituation ist aktuell. Auch in der heutigen Zeit gibt es Menschen, die flüchten müssen wie damals aus der DDR. Die Balkanroute ist sehr gefährlich", erklärt Geschichtslehrer Frank Welters. Johanna stimmt ihrem Lehrer zu. Sie ist in Flüchtlingsunterkünften ehrenamtlich als Dolmetscherin tätig und wünscht sich durch den Vortrag Freya Kliers, dass ihre Mitschüler über den Zustand von Flüchtlingen nachdenken.

(mag)
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