Mönchengladbach Busunglück: Gab es doch einen Fahrgast?

Mönchengladbach · Einen Tag, nachdem in Odenkirchen ein Bus in ein Haus raste, bleibt die Unglücksursache noch ungeklärt. Zeugen sahen einen jungen, blonden Mann, der kurz nach dem Unfall aus einem Fenster der Linie 20 sprang und flüchtete. Er wird gesucht.

 Erst gestern konnte der Bus geborgen werden. Bei dem Unfall wurde die Fahrerkabine völlig demoliert. Die Kölner Straße bleibt gesperrt.

Erst gestern konnte der Bus geborgen werden. Bei dem Unfall wurde die Fahrerkabine völlig demoliert. Die Kölner Straße bleibt gesperrt.

Foto: Reichartz (3)/Titz/Polizei

War der Fahrer einem Kind ausgewichen? Schnitt eine dunkle Limousine den Linienbus? Einen Tag nach dem schweren Unglück auf der Kölner Straße gibt es noch viele ungeklärte Fragen und unterschiedliche Zeugenaussagen. "Einige sagen auch, dass die Kreuzung menschenleer war", sagt Polizeisprecher Willy Theveßen. Der 45-jährige Busfahrer konnte noch nicht befragt werden. Er liegt schwer verletzt in einer Duisburger Klinik.

 Die NEW sprach im strömenden Regen mit Betroffenen. Die Kölner Straße bleibt gesperrt.

Die NEW sprach im strömenden Regen mit Betroffenen. Die Kölner Straße bleibt gesperrt.

Foto: Reichartz (3)/Titz/Polizei

Die Rekonstruktion der Polizei hat bisher Folgendes ergeben: Gegen 20.40 Uhr war der Bus der Linie 20 auf der Kölner Straße stadteinwärts unterwegs. Noch bevor er die Kreuzung Schleestraße erreicht hatte, geriet er nach rechts auf den Gehweg, prallte gegen einen Ampelmast, raste dann weiter über die Kreuzung, kollidierte mit einer weiteren Lichtzeichenanlage, streifte einen Baum und stieß mit ungebremster Wucht in das Haus. Durch umherwirbelnde Trümmerteile wurden drei parkende Autos, eine weitere Hausfassade und ein Straßenbaum beschädigt.

Zunächst hatte es geheißen, der Busfahrer habe alleine im Fahrzeug gesessen. Doch gestern meldeten sich Zeugen, die einen Fahrgast gesehen haben. Es soll sich dabei um einen jungen blonden Mann mit blauem T-Shirt handeln, der kurz nach dem Unfall aus einem zerborstenen Seitenfenster des Busses sprang und flüchtete. Er wird nun von der Polizei als wichtiger Zeuge gesucht.

Gebäude einsturzgefährdet – Bus steckt weiter in Häuserwand fest
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Wie die NEW gestern mitteilte, soll es sich bei dem 45-jährigen Westbus-Fahrer um einen erfahrenen Mann handeln, der seit 13 Jahren als Busfahrer eingesetzt wird. Kurz nach dem Unglück war er noch ansprechbar, wie Anwohnerin Julia Wurm berichtet. Sie wohnt schräg gegenüber der Unfallstelle. Die 39-Jährige kam am Sonntagabend gerade zurück aus dem Urlaub, als sie es draußen mehrmals knallen hörte. "Es hörte sich an wie bei einer Explosion", sagt Julia Wurm. Gleich darauf sei sie mit ihrem Mann auf die Straße gelaufen. Sie habe die Polizei gerufen, den Busfahrer versorgt und mit ihm gesprochen, berichtet sie. Und: "Er wusste, wie er heißt und wo er war. Aber das Ausmaß des Unfalls hat er nicht realisiert." Gemeinsam mit einem herbeieilenden Passanten und ihrem Mann, habe sie dem Busfahrer Kopf und Ellenbogen verbunden. Kurz darauf seien die Rettungskräfte eingetroffen, sagt die Anwohnerin. Nach Einschätzung der Ärzte erlitt der Fahrer schwere Verletzungen, insbesondere an den Beinen.

Fast zweieinhalb Stunden bemühten sich am Sonntag Rettungskräfte, den Busfahrer aus dem Fahrzeug zu befreien. Die Bergung gestaltete sich schwierig, weil der Bus im Haus feststeckte. Wäre er einfach herausgezogen worden, wäre das Gebäude womöglich über dem Fahrzeug und dem Fahrer eingestürzt. Der eingeklemmte Mann konnte erst gegen 22.50 Uhr befreit werden und mit dem Hubschrauber in eine Klinik geflogen werden.

Die Bergung des Busses dauerte noch länger. Bei dem Unfall hatte sich eine abgebrochene Stoßstange bis in den Gewölbekeller gebohrt. Deshalb musste die Feuerwehr den Bus gestern erst zerschneiden, bevor er um 14 Uhr herausgezogen werden konnte.

Akute Einsturzgefahr besteht auch jetzt noch für das Haus. Die Stadt ließ gestern die Kölner Straße vollsperren. Erschütterungen durch den Verkehr, vor allem durch den Schwerlastverkehr, könnten fatale Folgen haben. Es wird gebeten, den Unfallort weiträumig zu umfahren. Eine Umleitung ist ausgeschildert. Anwohner der Kölner Straße können ihre Häuser auch weiterhin mit dem Auto erreichen. Lediglich der Bereich vor dem einsturzgefährdeten Gebäude ist nicht passierbar.

Wann die Bewohner wieder in das Gebäude dürfen, ist noch ungewiss. Mehmet Nuri Akansu ist der Eigentümer des Hauses an der Kölner Straße. Er war im Nebenzimmer, als der Unfall geschah. "Das Haus hat gewackelt. Es war wie bei einem Erdbeben", sagt der Familienvater. Noch zehn Minuten vor dem Unfall saßen auch Ibrahim Akansu und sein jüngerer Bruder in ihrem gemeinsamen Zimmer. Da, wo gegen 20.40 Uhr der Bus einschlug, schliefen sie normalerweise. Kurz vor dem Unfall hatten sie das Haus verlassen.

Die NEW hat gestern Vormittag den betroffenen Hausbewohnern ihr Bedauern über den Unglücksfall ausgesprochen und ihnen unbürokratische Hilfe angeboten. Der Bus wurde gestern zur Untersuchung auf eventuell vorhandene technischen Mängel sichergestellt. Der Gesamtschaden des Unfalls konnte gestern noch nicht beziffert werden. Die Polizei bittet Zeugen des Unfalls, die noch nicht vernommen wurden, sich dringend unter 02161 290 zu melden.

(RP)
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