Mönchengladbach Christkindlmarkt ist gelebte Inklusion

Mönchengladbach · 95.000 Euro wurden beim 42. Christkindlmarkt für Menschen mit Behinderungen eingenommen. Angeboten wurden selbstgemachte Marmeladen und Christstollen, Adventskränze, Strickmützen, Kissen, Holzengel und Apfelpunsch.

Nicht nur an den Verkaufsständen, sondern auch aus dem Bauchladen heraus wurden Waren angeboten.

Nicht nur an den Verkaufsständen, sondern auch aus dem Bauchladen heraus wurden Waren angeboten.

Foto: Detlef Ilgner

Ein unscheinbares Holzhäuschen stand am Samstagmorgen zwischen den Buden des 42. Christkindlmarktes auf dem Kapuzinerplatz. Knapp zwei Meter hoch, schmal, hellbraun und mit Satteldach. Doch je länger das Häuschen dort stand, desto auffälliger wurde es: Immer mehr Lebkuchen, Zuckerperlen, Spekulatiusplätzchen und Gummibärchen schmückten seine glatten Wände, fleißige Kinder klebten die Süßigkeiten mit Zuckerguss fest.

Und während sich die Wände immer weiter füllten, füllten sich auch die Kassen an den Ständen auf dem Christkindlmarkt: 95.000 Euro haben die rund 500 ehrenamtlichen Helfer zwischen 9 und 17 Uhr eingenommen. Mit dem Erlös soll auch in diesem Jahr wieder die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung in der Stadt verbessert werden. So wird zum Beispiel die Karl-Barthold-Schule mit einem Teil des Geldes Kommunikationsmittel für Schüler anschaffen, die nicht sprechen können.

"Das ist ein gutes Ergebnis. Wir sind sehr zufrieden", sagte Charlotte Lorenz vom Organisationsteam des Christkindlmarktes. "Es sind zwar 8000 Euro weniger als im Vorjahr, aber vergangenes Jahr war die Summe auch außergewöhnlich hoch." Der Christkindlmarkt ist für sie "gelebte Inklusion", ein Ort, an dem sich Freunde treffen und neue Bekanntschaften entwickeln. "Die bunte Mischung hier ist einfach toll", ergänzte Eva Fink, die ebenfalls zum Organisationsteam gehört.

 Von oben gesehen zeigt sich, wie voll es auf dem Kapuzinerplatz war.

Von oben gesehen zeigt sich, wie voll es auf dem Kapuzinerplatz war.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Gemeinsam schlenderten die beiden Frauen am Samstagvormittag über den Kapuzinerplatz, "Bis zur Eröffnung heute Morgen war hier noch wildes Gehämmer", erzählte Charlotte Lorenz. 51 Stände mussten bis dahin fertig werden, von der Glühweinbude über den Gulaschsuppen-Imbiss bis hin zum Second-Hand-Modepavillon. Vereine, Interessengemeinschaften und Privatleute boten ihre zu einem großen Teil selbst gemachten Waren an. Dazu zählten Marmelade und Christstollen, Adventskränze, Strickmützen, Kissen, Holzengel und Apfelpunsch.

Der Verein für die Rehabilitation psychisch Kranker verkaufte selbstgeschnitzte Kugelschreiber, "dafür sind wir mittlerweile bekannt", erzählte Mitarbeiterin Jule Schaaf. Für die psychisch Kranken sei es mehr als Beschäftigungstherapie, diese Stifte herzustellen: Dass die Produkte später auf dem Christkindlmarkt verkauft werden, mache es zu einer sinnvollen Aufgabe - und könne so dabei helfen, sie zu stabilisieren. Auch deshalb ist der Markt mit seiner besinnlichen Adventstimmung, der Live-Musik und dem guten Zweck für Jule Schaaf "eine richtig schöne Sache".

Für die Kinder war wie immer der Nikolaus die größte Attraktion.

Für die Kinder war wie immer der Nikolaus die größte Attraktion.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Stefanie Claßen ist vom Konzept des Christkindlmarktes ebenfalls überzeugt: "Es ist toll, dass hier keiner in die eigene Tasche wirtschaftet, sondern alle mitmachen um anderen Menschen zu helfen", sagte die Standbesitzerin. Zum ersten Mal war sie als Helferin dabei, bei ihr konnten die Marktbesucher für zwei Euro pro Tüte "Baumaterial" kaufen und damit das anfangs noch so schmucklose Holzhäuschen dekorieren. Vor allem Kinder nutzten das Angebot - zum Beispiel Charlotte Lorenz' acht Jahre alte Tochter Emilie und ihre gleichaltrige Freundin Julia Heinemann. "Wir kleben einfach so drauflos", sagten sie und pappten fleißig Süßigkeiten an die Wände.

Als das Lebkuchenhaus fertig war, hatten die Marktbesucher 15 Minuten Zeit, es zu ersteigern. Wer mitmachen wollte, warf einen Geldbetrag in den Topf. Derjenige, der als letzter seinen Beitrag hineinsteckte, erhielt den Zuschlag. 265 Euro kamen so zusammen - und Emilie Lorenz hat jetzt ein eigenes, ganz und gar nicht unscheinbares Lebkuchenhaus.

(RP)
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