Mönchengladbach Christus-Torso und Tanzfilm im Dialog

Mönchengladbach · Mit Relikten aus der kulturellen Vergangenheit befassen sich vier Künstler in der Gemeinschaftsausstellung "Open Dress". Die dritte Arbeitsprobe firmiert unter "Tutti" und gipfelt in einer provokativen Wandarbeit von Danh Vo.

 Der dänische, aus Vietnam stammende Künstler Danh Vo. Am Sonntag, 12 Uhr, wird unter dem Titel "Tutti" der dritte "Akt" des Kunstprojekts "Open Dress" im Museum Abteiberg präsentiert. Dabei wird Danh Vo eine Wandarbeit mit einer hölzernen Christusfigur und dem Schriftzug "Dirty Dancing" vorstellen.

Der dänische, aus Vietnam stammende Künstler Danh Vo. Am Sonntag, 12 Uhr, wird unter dem Titel "Tutti" der dritte "Akt" des Kunstprojekts "Open Dress" im Museum Abteiberg präsentiert. Dabei wird Danh Vo eine Wandarbeit mit einer hölzernen Christusfigur und dem Schriftzug "Dirty Dancing" vorstellen.

Foto: Isa Raupold

Danh Vo (39) gehört zu jener Künstlerspezies, die ein wenig öffentlichkeitsscheu sind. Das hat der 1975 in Vietnam geborene, mit seiner Familie als Boat People in Dänemark gestrandete und inzwischen in Berlin lebende Absolvent der Königlichen Akademie der Künste Kopenhagen und der Frankfurter Städelschule mit vielen illustren Kollegen gemeinsam. Den öffentlichen Auftritt scheute auch der im Museum Abteiberg durch hochkarätige Arbeiten substanziell vertretene Kölner Sigmar Polke (gestorben 2010). Er wird im Rahmen des Schlussaktes des laufenden Museumsprojekts "Open Dress" ab 15. März für eine spektakuläre Neuentdeckung sorgen: bislang noch nicht öffentlich gezeigte Doku-Filme von der Biennale Venedig 1986, bei der Polke die Bundesrepublik Deutschland repräsentiert hatte.

Aber zurück zu Danh Vo (auszusprechen: Djan Vo). Er überlässt die eigentlich unerlässlichen Erläuterungen zu seiner Kunst lieber der Museumsdirektorin Susanne Titz. "Ihn beseelt die Frage: Was schleppe ich an kulturellen Relikten aus der Vergangenheit in meiner persönlichen Biografie mit?", bringt Susanne Titz es auf den Punkt. Beispiele dafür finden sich im Schaffen von Danh Vo etliche: So ließ er Bruchstücke einer katholischen Kapelle aus Vietnam 2013 als Beitrag im dänischen Pavillon bei der Biennale Venedig aufstellen.

Einen religiösen Hintergrund hat auch sein neustes Projekt, das er ab Sonntag im Museum Abteiberg direkt neben der Armenhaustür von Joseph Beuys zeigen wird. Eine etwa 500 Jahre alte hölzerne Christusfigur, die Danh Vo in Portugal erwarb, wird als Wandskulptur die Aufmerksamkeit der Vernissagebesucher am 1. Februar (ab 12 Uhr) auf sich ziehen. Gestern ruhte der Torso - die beschädigte Christusgestalt hat nur einen Arm, der lose neben dem Corpus liegt - noch in einer Glasvitrine. Heute oder morgen wird Danh Vo die Figur an der Wand montieren, ob mit oder ohne rechten Arm, wusste gestern die Museumsleiterin nicht zu sagen. Wie das wirkt in einem profanen Raum, bleibt eine spannende Frage, die im Publikum sicherlich mit unterschiedlichem Tenor beantwortet werden wird.

Zumal der Christus mit einem kalligrafischen Schriftzug überhöht wird, der ausgerechnet den Titel eines populären Tanzfilms mit Patrick Swayze und Jennifer Grey zitiert: "Dirty Dancing" (1987). Und nicht weit entfernt wird ein Zinkeimer an der Wand lehnen, in dem etliche, mehr oder weniger volle Whiskyflaschen griffbereit lagern. "Die werden sich im Lauf der Ausstellung leeren", prognostiziert Susanne Titz augenzwinkernd.

Den künstlerisch verschnörkelten Schriftzug wird Danh Vos Vater Phung Vo über dem Haupt Jesu anbringen. "Das macht er freihändig, nicht mit Schablone", ruft Danh Vo aus sicherem Abstand der versammelten Journalistengruppe zu.

Der Ausstellungstitel, "Tutti" (alle), erfordert, dass auch die anderen Akteuren von "Open Dress" Werke zeigen. So geschieht es. Skurril wirkt der im Audiovisionsraum laufende Film "Infarct" der Amerikanerin Lutz Bacher - er reiht medizinische Gewebeaufnahmen vom menschlichen Herzen aneinander.

(RP)
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