Mönchengladbach Das Beispiel Bettrath soll Schule machen

Mönchengladbach · Ein Masterplan für Honschaften: Den entwickeln zwei junge Stadtplaner. Sie zeigen in einer ersten Analyse Stärken und Schwächen auf.

 Die Bettrather Kirche im Hintergrund, der Lebensmittel-Markt vorne: Die Honschaft hat eine dörfliche Struktur mit guten Nahversorgungsqualitäten.

Die Bettrather Kirche im Hintergrund, der Lebensmittel-Markt vorne: Die Honschaft hat eine dörfliche Struktur mit guten Nahversorgungsqualitäten.

Foto: Jana Bauch

Als 2016 der Kaiser's Markt in Bettrath schloss, war die Aufregung groß: Vor allem für ältere Bettrather war es ein Schlag, dass sie in ihrem unmittelbaren Umfeld keine Lebensmittel mehr kaufen konnten. CDU-Ratsherr Robert Baues gelang es damals mit anderen, einen Mitbewerber von Kaiser's zu überzeugen, einen Edeka-Markt einzurichten. Die Bettrather können sich weiter direkt im Stadtteil versorgen, es gibt auch noch einen Bäcker, einen Blumenladen, eine Stadtsparkassen-Filiale. Dazu eine Grundschule, kleinere Neubauareale, eine vernünftige Verkehrsanbindung - und damit eine funktionierende kleinteilige Einheit. Und als jüngst in einen Bebauungsplan für das Umfeld des Wasserturms an der Viersener Straße ein Lebensmittelmarkt integriert wurde, waren die Windberger zufrieden: Es gibt zahlreiche Neubauten - Alteingesessene und Zuzügler haben in Zukunft auch hier eine Infrastruktur, die ihnen das Stadtteilleben leichter macht.

Können diese Beispiele zu einem Trend werden? Ist es möglich, Honschaften gezielt weiterzuentwickeln und sie als eigenständige Wohn-, Arbeits-, Natur-, Sozial- und Kulturräume zu erhalten? Diesen Fragen widmet sich ein Konzept, das Planungsdezernent Gregor Bonin unter dem Oberbegriff "Masterplan für die peripheren Stadtteile" entwickeln lässt. Stararchitekt Sir Nicholas Grimshaw, der den von der Gladbacher Architektenschaft initiierten und von engagierten Bürgern finanzierten Masterplan "MG 3.0" entwickelt hat, wird in den Stadtbezirken nicht tätig. Statt Grimshaw wandeln die beiden jungen Stadtplaner Karolin Nolte und Frederik Neitzel auf seinen Spuren - wobei sie kleinteiliger analysieren und in einem ersten Schritt Stärken und Schwächen in den Bezirken beschrieben haben. Mit ihrer Bestandsaufnahme waren sie in diesem Ratszug in allen vier Bezirksvertretungen und im Bau- und Planungsausschuss. Da hörten sie viel Lob und auch Anregungen, wie sie ihre erste Analyse weiter ergänzen können. Im Süd-Bezirk fiel den Stadtteilpolitikern beispielsweise auf, dass zwar Odenkirchen, Sasserath und Rheydter-Schloss-Umfeld, aber nach ihrer Meinung nicht ausreichend Geneicken und Pongs berücksichtigt waren.

Doch es gibt erste Analyse-Ergebnisse, die überaus interessant sind. Während die Bezirke Nord und Süd zwischen 2007 und 2017 eine Bevölkerungszunahme meldeten (Nord: +3,96 %; Süd: +4,93 %), ist sie in West (-1,86 %) und Ost (-1,43 %) im selben Zeitraum rückläufig. Und eine kleinteiligere Statistik zeigt ebenfalls interessante Zahlen: In Hardt kletterte die Bevölkerungszahl - von 7412 (2007) auf 7692 (2017) - ebenso wie in Wickrathberg (von 2214 auf 2271). Sasserath hatte 2012 ein Tief (788) und meldete im Vorjahr 845 Einwohner. Auch Uedding berappelt sich wieder: 2015 lag das Tief bei 4897, bis 2017 war die Bevölkerungszahl wieder auf 4967 Menschen geklettert. Diese statistischen Daten sind wichtig für die Zukunft einer Honschaft - zum Beispiel für das Nahversorgungsangebot.

In Rheindahlen-Mitte und in Giesenkirchen-Mitte haben sich wieder Lebensmittelhändler niedergelassen, in Wickrath-West und in Sasserath fehlen sie. Die Beispiele in Bettrath und zukünftig in Windberg machen deutlich, dass in Stadtteilen mit Wachstumstendenzen gezielt auf eine Verbesserung der lokalen Nahversorgungs-Infrastruktur hingearbeitet werden kann. Das Planungsteam Nolte/Neitzel stellt in seiner ersten Stärken-Schwächen-Analyse positiv heraus, dass die Honschaften über Bundesstraßen, Autobahnen und einige auch per Bahn gut erreichbar sind. Sie stellen negativ aber auch heraus, dass die Geh- und Radwege nicht immer in einem guten Zustand sind, dass die Honschaften zu sehr auf den Autoverkehr ausgerichtet und deshalb Ärzte und Lebensmittelgeschäfte fußläufig schwer erreichbar sind. Die Stadtteile sind auch die Lunge der Stadt: Hier gibt es Frei- und Grünflächen, Bachläufe und Waldgebiete.

(biber)
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