Mönchengladbach Das etwas andere Gewerbegebiet

Mönchengladbach · Das letzte Grundstück auf dem einstigen Kawneer-Gelände an der Erftstraße ist verkauft. Die neu angesiedelten Firmen expandieren, beschäftigen mehr Menschen, als dort früher arbeiteten - und bilden eine verschworene Gemeinschaft.

 Links Reimann, rechts Reimann: Der Stahlbauer ist mittlerweile auf die andere Straßenseite expandiert.

Links Reimann, rechts Reimann: Der Stahlbauer ist mittlerweile auf die andere Straßenseite expandiert.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

So ein Regiopark kann Fluch und Segen zugleich sein. Das Gewerbegebiet in Güdderath ist ein Erfolgsmodell und frisch vollgelaufen - aber viele mäkeln, dass sich EWMG (Entwicklungsgesellschaft) und WFMG (Wirtschaftsförderung) erstens nur um Logistik und zweitens nicht um kleine und mittelständische Unternehmen kümmerten. Stimmt aber gar nicht.

"In dem kleinen, aber feinen Gewerbegebiet an der Erftstraße ist jetzt auch das letzte Grundstück verkauft", sagt Dr. Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer von beiden Gesellschaften. "Und das ist unser eigentliches Brot- und Butter-Geschäft." Gespickt mit ein paar Rosinen, könnte man noch hinzufügen, denn die Erftstraße ist ein Paradebeispiel dafür, wie es laufen kann, wenn beispielsweise ein Mülforter-Gelände neu in die Vermarktung geht.

 Geschäftsführer Volker Liebing (li.) und Dr. Ulrich Schückhaus (EWMG) besichtigen das Gelände von Simons + Harren.

Geschäftsführer Volker Liebing (li.) und Dr. Ulrich Schückhaus (EWMG) besichtigen das Gelände von Simons + Harren.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

In Giesenkirchen hat dieser Prozess vom Vermarktungsbeginn bis zur Vollnutzung sieben Jahre gedauert. Anfang 2001 hatte der Aluminiumfenster-Produzent Kawneer, seit 1963 mit der Deutschlandzentrale an der Erftstraße ansässig, dicht gemacht und seine letzten 93 Mitarbeiter vor die Tür gesetzt. 150 mögen es zu Hochzeiten einmal gewesen sein, sagt Schückhaus.

Eigentümer des Geländes war damals noch der US-Aluminium-Riese Alcoa. Später kaufte die EWMG das Areal, entwickelte es ab 2008 - und konnte bereits 2009 mit Reimann Stahlbau die erste Ansiedlung präsentieren. Fünf weitere folgten, jetzt ging das letzte Grundstück an Isoliertechnik Onkelbach über den Verkaufstisch.

 ASG braucht dringend neue Lagerkapazitäten - deswegen wird in Kürze mit dem Bau einer weiteren Halle begonnen.

ASG braucht dringend neue Lagerkapazitäten - deswegen wird in Kürze mit dem Bau einer weiteren Halle begonnen.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Und heute bilden die sechs ansässigen Unternehmen eine verschworene Gemeinschaft: Sie haben sich gegenseitig als Kunden gewonnen - das IT-Systemhaus etwa regelt die IT des Stahlbauers, der Stahlbauer liefert edle Rohre, in denen die Kabelstränge des IT-Systemhauses verschwinden. Sie unterstützen sich, wo es geht, und wollen bei "Check-in Berufswelt" ihre Türen gemeinsam für Jugendliche öffnen.

Da muss eigentlich nur noch der Traum von einer gemeinsamen Kicker-Liga realisiert werden. Dazu kommt noch: Die angesiedelten Unternehmen expandieren fleißig und stocken Personal auf, die meisten Flächen-Optionen wurden deutlich schneller gezogen als geplant. 200 Mitarbeiter beschäftigen sie insgesamt - mehr als zu Kawneer-Zeiten.

Im Folgenden ein Überblick über die jüngsten Entwicklungen bei einigen der Firmen an der Erftstraße:

Reimann Stahlbau hat mittlerweile drei Hallen in Betrieb und die Produktionsfläche auf 5000 Quadratmeter erhöht. 1972 als kleine Schlosserei gegründet, ist Reimann heute ein wichtiger Zulieferer des Anlagen- und Maschinenbaus. Ganz aktuell ist ein Folgeauftrag für die Montage zweier weiterer, kompletter Aluminiumvorwärmöfen eingegangen - einer der größten Kunden ist Alunorf. "Als ich die Firma ab 2004 übernahm, waren wir 19 Mann, heute sind wir über 65", sagt Geschäftsführer Jürgen Kreutzer.

ASG Aluminium und Stahl GmbH Auch ASG erweitert: Im Frühsommer wird eine 1250 Quadratmeter große Lagerhalle mit Krananlage errichtet. Zuletzt hatte der 2001 gegründete Hersteller von Alu-Profilen einen Großauftrag des Bundestags gewonnen (die RP berichtete). Geschäftsführer Muhittin Usta legt besonderen Wert auf die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

Simons + Harren Der Lieferant von Verpackungsmaschinen und -mitteln ist seit 2010 Generalimporteur für den chinesischen Hersteller Youngsun. "Der Kaufvertrag wurde auf einer Serviette in einem chinesischen Restaurant unterschrieben", sagt Geschäftsführer Volker Liebing. Ebenfalls seit 2010 sitzt das fast 100 Jahre alte Familienunternehmen an der Erftstraße: "Wir helfen uns untereinander, wenn Not am Mann oder an der Maschine ist."

ITZ Rhein-Maas Das IT-Systemhaus, das im April 20 wird, zog 2013 von der Konstantin- an die Erftstraße - nicht zuletzt wegen der hohen Aufenthaltsqualität durch den alten Baumbestand. "Wir wollen und werden hier weiter wachsen", sagt Geschäftsführer Harald Grünert. Dem ITZ kommt übrigens eine besonders tragende Rolle im Gewerbegebiet zu: Es hat den Kickertisch.

(RP)
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