Wolfgang Rombey Und Christof Wellens Das Haus des Sports ist das Zukunftsprojekt

Mönchengladbach · Stadtsportbund-Präsident Wolfgang Rombey und Vizepräsident Christof Wellens über den Stadtsportbund als Dienstleister, das Sport-Screening aller Grundschüler und die moderne Form der Mitgliederwerbung.

 Christof Wellens (l.) und Wolfgang Rombey könnten sich im Haus des Sports auch einen Bewegungskindergarten vorstellen.

Christof Wellens (l.) und Wolfgang Rombey könnten sich im Haus des Sports auch einen Bewegungskindergarten vorstellen.

Foto: Detlef Ilgner

Der Stadtsportbund hat als Standort für das Haus des Sports den Campuspark vorgeschlagen, was von der Verwaltung skeptisch gesehen wird. Wenn das Haus des Sports scheitert - wie schwer trifft das den Stadtsportbund?

Christof Wellens Das Haus des Sports ist unser Zukunftsprojekt. Wir wollen eine Möglichkeit schaffen, um unser Angebot als Dienstleister für die Vereine an einem Standort zusammenzuführen, als Beratungs- und Informationszentrum in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Der Breitensport hat es schwer genug. Wir müssen gegensteuern. Dazu gehört das Haus des Sports.

Kann man das denn nicht im jetzigen Gebäude am Berliner Platz tun? Zum 1. Februar nächsten Jahres wird das Erdgeschoss frei.

Wolfgang Rombey Ja, wir wollen dort erst einmal anfangen. Einige Vereine haben Interesse signalisiert, 70 Quadratmeter sind vorgemerkt. Es wird ab Februar einen Testlauf geben. Aber die meisten Vereine haben eigene Geschäftsstellen. Wenn sie ihre Räume kündigen sollen, dann muss es ein zukunftssicheres Angebot geben. Das GWSG-Gebäude steht nicht langfristig zur Verfügung. Im Campuspark könnten wir an einer zentralen Stelle Information und Beratung, Aus- und Fortbildung konzentrieren und auch die Verbände der wichtigsten Sportarten Fußball, Handball, Turnen und Schwimmen unterbringen. Es gäbe eine Anlaufstelle, die auch Sporträume und Freiflächen bieten, wo wir unsere Kurse durchführen könnten. Außerdem liegt der Campuspark an der Schnittstelle zwischen Gladbach und Rheydt und in Hochschulnähe. Zur Hochschule gibt es enge Verbindungen. Wir bilden auch Studierende zu Übungsleitern aus. Es wäre der ideale Standort.

Sehen Sie denn noch eine Möglichkeit, das Projekt an dieser Stelle zu verwirklichen?

Wellens Wir werden darum kämpfen. Wenn die Vernunft siegt, gibt es eine gute Chance, denn wir haben gute Argumente. Die Finanzierung beispielsweise ließe sich zu 90 Prozent aus Fördermitteln bestreiten. Im Rahmen des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes fließen 26,4 Millionen Euro nach Mönchengladbach. Nur fünf Millionen davon sind bisher bei der Bezirksregierung angemeldet, der Campuspark gehört nicht dazu. Notwendig ist jeweils nur ein Eigenanteil von zehn Prozent. Und da sollen wir das Geld nicht für ein solches Zukunftsprojekt nutzen?

Rombey Das Haus des Sports wäre sicher förderfähig. Wir müssen nur weg von der jetzigen Beschreibung des Gebäudes als Multifunktionsgebäude. Wir könnten uns im Haus des Sports sogar einen Bewegungskindergarten vorstellen. Der Stadt fehlen 2000 Kitaplätze. Sollte man da nicht angesichts des Geldregens alle Hebel in Bewegung setzen, um ein solches Projekt zu verwirklichen? Man muss sich nur auf die Idee einlassen.

Wie sehen Sie die Lage des Vereinssports in Mönchengladbach? Trägt die Stadt den Titel Sportstadt noch zu Recht?

Wellens Die Lage ist höchst problematisch. Die meisten Vereinsvorstände sind schon im Rentenalter und in absehbarer Zeit nicht mehr da. Nachwuchs für den Vorstand fehlt. Der Idealismus, den das Ehrenamt benötigt, ist immer schwerer zu vermitteln. Gerade deshalb muss der Stadtsportbund die Strukturen bieten, um die Vereine beziehungsweise deren Funktionsträger zu entlasten. Mitgliederverwaltung, Schriftverkehr, das könnte im Haus des Sports erfolgen.

Rombey Der Titel Sportstadt ist tatsächlich in Gefahr, wenn man ihn auf den Vereinssport bezieht. Wir haben zwar 118.000 Vereinsmitglieder, aber davon sind 80.000 Borussen. Zieht man die ab, sind nur noch 18 Prozent der Bevölkerung in einem Sportverein. Im Landesschnitt sind es 25 Prozent. Es liegt aber auch an den Vereinen. Es gibt tatsächlich Vereine, die keine Jugendabteilung mehr haben. Dabei ist das definitiv ihre gesellschaftspolitische Aufgabe.

Wie könnte ein Haus des Sports Problemen der Vereine entgegenwirken?

Wellens Es wäre sicher leichter, Vereinsämter zu besetzen, wenn die Mitglieder wüssten, dass es Profis gibt, die ihnen Arbeit abnehmen. In Form eines Sekretariats beispielsweise, das die Datenpflege übernimmt. Mit einer halben Stelle kann man dabei schon viel bewegen. Wir müssen als Dienstleister im Bewusstsein der Vereine ankommen.

Uns hat ein Schreiben erreicht, in dem mitgeteilt wird, dass ein internationales Volleyballturnier in der Stadt nicht mehr stattfinden kann, weil es zu lange dauert und keine Hausmeister zur Verfügung stehen.

Rombey Es ist schade, dass sich die Verantwortlichen nicht an den Stadtsportbund gewandt haben. Es hätte sich sicherlich eine Lösung gefunden.

In Mönchengladbach wird es keine EM-Spiele geben, falls Deutschland den Zuschlag erhält. Wer die Begründung des DFB und die Beurteilung des gewählten Standorts Düsseldorf vergleicht, muss eigentlich die Konsequenz ziehen: MG wird nie Standort eines großen Events werden. Kein Flughafen, nicht genügend Hotels der besten Güte, keine direkte Bahnanbindung des Borussiaparks.

Rombey Es sind die gleichen Gründe, die schon bei der WM-Bewerbung für 2006 genannt wurden. Deswegen hat mich die Entscheidung zwar enttäuscht, aber nicht überrascht. Es war sicher ein Fehler, die Bahnanbindung des Borussiaparks, die ursprünglich geplant war, nicht zu verwirklichen. Und der Mönchengladbacher Bahnhof ist weiterhin eine Katastrophe, genauso wie die Tatsache, dass es keine ICE-Anbindung gibt.

Wenn das so ist, sollte dann nicht lieber in den Breitensport investiert werden?

Rombey Das ist auch unser wichtigstes Ziel. Wir würden zum Beispiel gern ein Screening aller Grundschüler in der 2. Klasse vornehmen. Dabei könnte man die Talente, aber auch die Probleme erkennen. In der 5. Klasse gäbe es einen Re-Check. In Düsseldorf wird das schon erfolgreich gemacht. Die Kosten könnten teilweise aus der Jugendpauschale finanziert werden.

Erreichen die Vereine in ihrer klassischen Struktur noch die Menschen unter 30?

Rombey Wir müssen kreativ sein. Die Musikschulen haben den Zugang zu den Kindern gefunden über Streicherklassen oder Anleitung zum Singen in den Grundschulen. Dem Stadtsportbund wurde die Koordination des Offenen Ganztags übertragen, aber die Hälfte der Vereine hat kein Interesse, sich dort zu engagieren, oft mit dem Argument: 'Wir haben nachmittags keine Übungsleiter'. Die könnten wir aber vermitteln, weil wir in Kooperation mit der Hochschule und den Fachschulen immer mehr junge Leute zu Übungsleitern ausbilden. Aber wir können nicht verhindern, dass die Vereine gar keine Jugendarbeit mehr machen wollen.

Viele Kinder können heute nicht mehr schwimmen. Wie gehen Vereine und SSB dieses Problem an?

Rombey Wir kooperieren mit den Schwimmvereinen, der DLRG und der NEW. Es gibt Ferienprogramme und Schwimmkurse. Das funktioniert gut.Trotzdem verlassen leider jedes Jahr etwa 400 Kinder die Grundschule, ohne schwimmen zu können.

Run & Fun meldete jüngst mehr als 4000 Teilnehmer - das sind meist Menschen, die sich nicht einem klassischen Sportverein anschließen. Die Aktionen von Fit für 10 haben mehr als 1500 Menschen für zehn Kilometer fit gemacht. Die wenigsten gehen anschließend in einen Verein. Bedrückt Sie das?

Wellens Wir brauchen andere Strukturen. Die Vereine müssen eine kurzfristige Bindung erst einmal über Kursangebote erreichen. Das ist die moderne Form der Mitgliederwerbung. Die Leute tun sich heute schwer damit, einfach so in einen Verein einzutreten.

Rombey Wir haben in diesem Jahr auch mit Run & Fun kooperiert und auf das Sportabzeichen aufmerksam gemacht. Der Stand wurde gut besucht und wir haben inzwischen dreißig Abzeichen vergeben. Nächstes Jahr wollen wir in diesem Rahmen schon früher aktiv werden.

Bei unserer Aktion Fit für 10 haben wir eine Brustkrebsgruppe gegründet, aber keine Kooperationspartner gefunden.

Rombey Wir bieten Reha-Kurse über das Bildungswerk an. Das sind aber alles sehr spezialisierte Angebote. Grundsätzlich ist das weit weg von der klassischen Vereinsarbeit. Aber wir müssen uns weiterentwickeln. Auch dafür wäre ein Haus des Sports gut: Es wäre ein Platz, um sich auszutauschen und Innovationen zu entwickeln.

Es gab in diesem Jahr erstmals wieder einen Marathon in der Stadt. Anschließend hagelte es Kritik an der Streckenführung und am Termin. Kann man Stadt-Marathonläufe in Mönchengladbach nicht machen?

Rombey Die Initiative war gut und wir sind dankbar dafür. Aber der Zeitpunkt war nicht gut gewählt. Man sollte über den Sonntag nachdenken.

Wellens So etwas lässt sich nicht gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen. Wir brauchen einen Kompromiss.

Gibt es Sportarten, um die Sie sich Sorgen machen, weil sie von der Bildfläche verschwinden? In Viersen hat zum Beispiel ein renommierter Handballverein aufgegeben, weil er nicht mehr an Nachwuchs kommt.

Rombey Die Ballsportarten Volleyball und Basketball sind da sicher zu nennen, aber auch die Leichtathletik oder das Turnen. Überall dort gehen die Mitgliederzahlen nach unten.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN DIETER WEBER, KARSTEN KELLERMANN UND ANGELA RIETDORF.

(arie)
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