Mönchengladbach Das müssen werdende Großeltern wissen

Mönchengladbach · Im Krankenhaus Neuwerk können sich Oma und Opa bei einem Infoabend auf ihre neue Rolle vorbereiten. Denn im Umgang mit Babys hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel geändert.

 Sabine und Markus Münster freuen sich auf ihr Enkelkind und bereiten sich bei einem Infoabend darauf vor.

Sabine und Markus Münster freuen sich auf ihr Enkelkind und bereiten sich bei einem Infoabend darauf vor.

Foto: Detlef Ilgner

"Ich hatte Angst vor meiner Oma", erinnert sich Markus Münster an die eigene Kindheit. Die Großmutter war eine Respektsperson, dunkel gekleidet und streng. So hat er es erlebt und viele seiner Generation, aber die heutigen Großeltern wollen es besser machen. Und sie wollen es richtig machen. Deshalb nehmen zum Beispiel Markus und Sabine Münster am Großeltern-Info-Abend im Krankenhaus Neuwerk teil - um auf dem neuesten Stand zu sein, wenn das Enkelkind kommt. Übrigens schon das dritte bei der Familie Münster.

Auch die übrigen Teilnehmer des Abends treibt die Wissbegierde. Seit sie selbst Eltern waren, hat sich einiges verändert in den Vorstellungen, was gut für ein Neugeborenes ist und was nicht. Außerdem kursieren im Internet viele widersprüchliche Informationen, die die werdenden Eltern, also die Töchter und Söhne der Teilnehmer, beunruhigen. Dafür wollen sie ebenfalls gerüstet sein.

Baden, stillen, Ernährung von Mutter und Kind, Babypflege, Schlafrhythmus - über all das und noch viel mehr spricht Friederike Brocker, seit mehr als dreißig Jahren Krankenschwester auf der Wochenstation des Krankenhauses Neuwerk, beim Infoabend für die werdenden Großeltern. Sie erinnert sich noch daran, dass die Neugeborenen separat im Säuglingszimmer untergebracht waren und den Müttern nur alle vier Stunden gebracht wurden. So war das vor 30 Jahren: Die Babys wurden nach der Uhr gestillt. Doch das ist vorbei. Nicht nur, dass heute das Kind immer dann, wenn es Hunger hat, gestillt oder gefüttert wird, es bleibt jetzt auch vierundzwanzig Stunden bei der Mutter im selben Zimmer. Das ist generell gut für Mutter und Kind, besonders aber, weil die Verweildauer im Krankenhaus drastisch verkürzt wurde. Schon nach drei statt nach acht Tagen gehen die jungen Mütter mit ihren Babys nun nach Hause. Bis dahin unterstützen sie die Krankenschwestern bei Pflege und Ernährung und geben Tipps. "Heute wird den Müttern von Anfang an gezeigt, was sie tun können", sagt Friederike Brocker. Und auch das Stillen sei wieder groß im Kommen. "Oft dachten die Mütter, die Ernährung mit der Flasche sei einfacher und die Menge besser zu kontrollieren", erklärt die Krankenschwester. Aber Muttermilch ist letztendlich die ideale Babykost. Den ständigen Blick auf die Waage und die bange Frage, ob das Kind auch schnell genug zunimmt, hat man sich glücklicherweise abgewöhnt. Auch Vorgaben zur Ernährung der stillenden Mütter sind weniger geworden. Außer Alkohol, Pfefferminz und Salbei (die beiden letzteren behindern die Milchbildung) ist heute in Maßen alles erlaubt, auch Kohl oder Zitrusfrüchte. "Wie die Babys auf bestimmte Stoffe reagieren, ist individuell sehr unterschiedlich", stellt die erfahrene Krankenschwester fest. "Man muss das einfach beobachten." Also keine 08/15-Vorschriften, sondern jeweils an Mutter und Kind angepasstes Verhalten. "Das war früher anders", stellt eine Teilnehmerin fest. Weitere Veränderungen: Kirschkernkissen statt Wärmflasche, Schlafsäcke statt Decken, selbst das Bäuerchen ist nicht mehr ein Muss, sondern nur noch ein Kann. Die junge Mutter werde in den drei Tagen im Krankenhaus mit vielen Informationen überschüttet, weiß die Krankenschwester. Gleichzeitig leide sie oft unter Schwangerschaftsdemenz. Wie bitte? "Frauen sind dann vergesslich, schließlich leben sie mit einem Hormonchaos", erklärt Friederike Brocker.

Das hält auch noch ein wenig an, wenn die junge Familie wieder zu Hause ist. Spätestens jetzt kommen die Großeltern ins Spiel. Idealerweise wirken sie beruhigend und greifen unterstützend ein. "Die Gelassenheit der Großeltern wirkt entlastend", sagt die Krankenschwester. "Ihre Rolle sollten sie aber in Absprache mit den Eltern finden." Die Teilnehmer und Großeltern in spe blicken wohl ein wenig zweifelnd. "Sie werden über sich hinaus wachsen", versichert die Krankenschwester.

Die geplante Besichtigung eines Kreißsaales fällt in diesem Großelternkurs aus - aus dem schönsten Grund, den man sich denken kann: Sie sind alle belegt, weil dort gerade kleine Menschen zur Welt kommen.

(RP)
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