Mönchengladbach Das Rheydter Veedel im Ausnahmezustand
Mönchengladbach · Eine Reihe geschlossene Geschäfte, halb leerer Markt, Pferdestaffel in der Innenstadt - Protokoll eines Samstags in Rheydt.
Michael Kunze hat es eilig. Schnell was einkaufen, dann nach Hause, und mit dem Taxi ins Stadion. "Ich gehe samstags immer zum Markt in Rheydt. Das hat Tradition." Daran kann ihn und seine Frau Gertrud Kunze auch kein demonstrierender Kölner Fanblock hindern. Man muss nur rechtzeitig weg sein.
Wenige Stunden vor der Demonstration ist die Rheydter Innenstadt fast wie ausgestorben. Einige wenige Einkäufer huschen durch die Straßen, schleppen hastig Einkäufe nach Hause. Gegen 9 Uhr beginnt der massive Aufzug der Polizei: Wasserwerfer parken dort, wo sonst Busse halten. Polizisten in schwerer Montur springen aus den Mannschaftswagen, beziehen Stellung in der City. Hundeführer kontrollieren jeden Weg zu den Bahnsteigen, die Pferdestaffel reitet durch die Fußgängerzone. Eine Reihe Geschäfte hat geschlossen und die Botschaft dazu ins Schaufenster gehängt. Andere wiederum bleiben wie zum Trotz geöffnet. Verkäufer bringen Waren in Sicherheit.
Die geöffneten Läden haben ähnlich wie die Marktbeschicker mit großen Einbußen zu kämpfen, wie Franziska Rehmert, Inhaberin der Mode-Boutique "Marie Claire", berichtet: "Für einen Samstag ist es schon sehr leer. Das ist für uns bitter und ärgerlich. Ich kann weiterhin nicht verstehen, warum die Demonstration an einem Samstag zur Hauptgeschäftszeit in der Fußgängerzone angesetzt wurde."
Trotz der friedlichen Demonstration der Kölner Fußball-Fans sorgt der Protestmarsch für Ärger bei den Händlern. Auf dem Marktplatz bleibt fast eine ganze Reihe mit Ständen aus Sorge vor Ausschreitungen leer. "Es ist kein normaler Samstag. Durch den Hubschrauberlärm fällt es schwer, sich mit den Kunden zu unterhalten. Die Demonstration muss aus meiner Sicht nicht sein. Man muss Sport Sport sein lassen", sagt Metzger Ulrich Tokloth. Marktsprecher Dieter Verjans zieht ein ernüchterndes Fazit: "Die Kunden bleiben aus Angst zu Hause, und wir müssen die Rechnung tragen. Viele Stände wurden heute ja auch gar nicht aufgebaut. Das sind große Verluste für die Händler."
Als sich der Kölner Fan-Zug in Bewegung setzt, ist die City dann richtig voll. Nicht nur mit Demonstranten und Polizisten: Viele hundert Neugierige schauten sich das Spektakel an. Darunter auch Rechtspopulist und Ratsherr Dominik Roeseler, der mit anhört, wie die Kölner Fans und Hooligans zum Abschluss ihrer Kundgebung auf dem Harmonieplatz den Bläck-Fööss-Klassiker "In unserm Veedel" singen und dann zurück zum Bahnhof ziehen. Ende des Ausnahmezustands.