Mönchengladbach Daumen hoch für Behinderte auf dem Arbeitsmarkt

Mönchengladbach · Obwohl sie überdurchschnittlich qualifiziert und motiviert sind, haben Schwerbehinderte es oft nicht einfach, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Kooperation von Zalando und der Arbeitsagentur zeigt auf, wie viel Potenzial in dieser Gruppe steckt.

 Der Buchstabe D aus dem amerikanischen Zeichensprache-Alphabet.

Der Buchstabe D aus dem amerikanischen Zeichensprache-Alphabet.

Foto: Shutterstock/Pattyphotoart

Was hilft gegen den Fachkräftemangel - unabhängig davon, ob er nun lediglich droht oder schon da ist, wie immer häufiger attestiert wird? Eigenes Ausbilden, natürlich, möglicherweise auch der eine oder andere Flüchtling. Christel Habig hat aber noch eine ganz andere Gruppe im Blick - eine, die noch immer nur die wenigsten Unternehmer auf dem Schirm haben. "Es würde Firmen in diesen Zeiten gut zu Gesicht stehen, sich auch mal mit Schwerbehinderten zu beschäftigen", sagt die Niederlassungsleiterin von Zalando im Regiopark. Mit dieser Einstellung rannte sie bei der hiesigen Arbeitsagentur offene Türen ein, denn die legt seit geraumer Zeit einen besonderen Fokus auf diese Gruppe - auch ganz unabhängig von der aktuell laufenden "Woche der Menschen mit Behinderung".

 von links: Christel Habig (Standortleiterin Zalando, Melanie Steinke (Personalleiterin/HR-Manager Zalando) Jürgen Bochannek (Leiter des Reha/SB-Teams der Agentur für Arbeit Mönchengladbach) und Angela Schoofs (Leiterin der Agentur für Arbeit Mönchengladbach), beim gestrigen Pressetermin.

von links: Christel Habig (Standortleiterin Zalando, Melanie Steinke (Personalleiterin/HR-Manager Zalando) Jürgen Bochannek (Leiter des Reha/SB-Teams der Agentur für Arbeit Mönchengladbach) und Angela Schoofs (Leiterin der Agentur für Arbeit Mönchengladbach), beim gestrigen Pressetermin.

Foto: Arbeitsagentur

Und das mit Erfolg. "Seit Oktober haben wir im Agenturbezirk weniger als 2000 schwerbehinderte Arbeitslose", sagt Agentur-Chefin Angela Schoofs - 981 sind es derzeit in Mönchengladbach, 979 im Rhein-Kreis Neuss. Vor Jahresfrist waren es noch 8,2 Prozent mehr. Das liegt nicht nur, aber auch an Zalando. "Wir haben mit dem Unternehmen diesbezüglich tolle Erfahrungen gemacht", sagt Jürgen Bochannek, der bei der Arbeitsagentur das 17-köpfige Team für Rehabilitation und Schwerbehinderte leitet. 80 Behinderte, davon 28 Gehörlose, zwischen 19 und 62 aus Mönchengladbach, dem Rhein-Kreis, dem Kreis Heinsberg, Erkelenz, Hückelhoven und Bergheim hat die Agentur in den vergangenen anderthalb Jahren an Zalando vermittelt. Sie arbeiten dort nicht etwa als isoliertes Team, sondern in den unterschiedlichsten Abteilungen vom Wareneingang bis zur Retourenabwicklung.

"Schwerbehinderte Mitarbeiter sind überdurchschnittlich motiviert und loyal", sagt Habig - eine Einschätzung, die Bochannek teilt: "Diese Arbeitnehmer hatten es immer schwerer als andere und mussten für alles mehr kämpfen." Außerdem seien zwei Drittel der Schwerbehinderten gut ausgebildet, hätten mindestens Fachkräfteniveau. Dennoch, weiß sein Vermittler Roman Bentler zu berichten, gebe es viele Vorurteile, die gerade Arbeitgeber der Gruppe immer noch entgegenbringen. "Das reicht von ,Die sind doch gar nicht leistungsfähig' bis hin zu ,Stelle ich den ein, kriege ich den durch den höheren Kündigungsschutz doch nie wieder los'." Beides sei im Übrigen grundfalsch.

Das Reha-Team der Agentur ist Ansprechpartner und gibt Hilfestellung bei der Vermittlung von Behinderten an Firmen, hilft aber auch, den Weg durch den Paragrafendschungel zu meistern, wenn sich etwa bei einem behinderten Ingenieur die Sehkraft weiter verringert. Bei Zalando hat das schon gefruchtet. "Bei uns haben sich mittlerweile Teams gebildet, die sich gegenseitig die Grundzüge der Gebärdensprache beibringen", sagt Habig. Und: Gerade in der gut vernetzten Gehörlosenszene habe sich die Schwerbehinderten-Freundlichkeit der Firma "herumgesprochen" - es gebe schon Initiativbewerbungen.

(RP)
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