Serie Gladbachs Gewässer (4) Der Bach, der der Stadt den Namen gab

Mönchengladbach · Flankierend zur Serie "Rheinliebe", die in den Ferien immer dienstags und donnerstags im Lokalteil erscheint, stellen wir Ihnen auch die Flüsse und Bäche Mönchengladbachs vor. Heute geht es um den meist unterirdisch verlaufenden Gladbach.

 Das, was heute noch überirdisch von seinem Lauf zu sehen ist, ist nicht der eigentliche Bach, sondern der Gladbach-Kanal.

Das, was heute noch überirdisch von seinem Lauf zu sehen ist, ist nicht der eigentliche Bach, sondern der Gladbach-Kanal.

Foto: Robert Lünendonk

Stadtteile Nein, schön ist er nicht. Schnurgerade zieht sich der Gladbach neben dem Bahndamm dahin. In einem Bett aus Beton fließt träge grünbraunes Wasser. Hinter Lürrip mündet er in die Niers, die an dieser Stelle ebenso kanalmäßig einbetoniert daherkommt wie der Bach, den sie aufnimmt. Man mag kaum glauben, dass das der Bach ist, der den Mönch Sandrad der Legende nach dazu bewegte, auf dem Abteiberg ein Kloster und damit die Keimzelle der Stadt Mönchengladbach zu gründen.

Zur Ehrenrettung des Gladbaches muss gesagt werden, dass das, was heute noch überirdisch von seinem Lauf zu sehen ist, tatsächlich nicht der eigentliche Bach ist, sondern der Gladbach-Kanal. Der Wasserlauf mündete ursprünglich kurz vor dem Abtshof in Neuwerk in die Niers. Im Zuge der Kanalisierung des Gladbachs, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts betrieben wurde, wurde auch die Mündung verlegt. Der Gladbach verschwand in der Innenstadt im Untergrund. Die Stadt, die seinen Namen trägt, hat den Bach gründlich versteckt. Dabei prägte er jahrhundertelang nicht nur das Aussehen, sondern auch die Wirtschaft Mönchengladbachs.

Der Gladbach entsprang ursprünglich in Waldhausen. Es gab keine eigentliche Quelle, sondern das Wasser der umliegenden moorig-sumpfigen Gebiete sammelte sich zu einem Bach. Die Qualität war gut, das Wasser eignete sich zum Brauen. Noch heute findet sich im Keller der Hensen-Brauerei in Waldhausen ein Brunnen, aus dem früher das Brauwasser entnommen wurde. Ungefähr hier begann der historische Bachlauf. Der Gladbach floss dann weiter: unterhalb des Abteiberges entlang durch den dort gelegenen großen und fischreichen Weiher, Abteiweiher oder Brinkenweiher genannt. Der Weiher war um ein Vielfaches größer als der heutige Geroweiher und versorgte die Abtei mit Trinkwasser und Fisch. Auf seinem weiteren Weg nahm der Gladbach das Wasser weiterer Bäche wie des Fliethbachs auf und trieb acht Mühlen an. Zum Beispiel die Flieschermühle, die Krallsmühle an der heutigen Erzbergerstraße oder die Rohrmühle, an die noch ein Straßenname erinnert.

Aber die Gladbacher nutzten nicht nur die Kraft ihres Baches, sie verwendeten auch sein Wasser und benutzten ihn als Abwasserkanal. Im Zuge der Industrialisierung siedelten sich immer mehr Färbereien und Textilunternehmen in und am Gladbach an - der "glitzernde Bach" - so die vermutete Bedeutung des Namens - wurde zur Kloake. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte man, den Bach zu reinigen, aber es wurde nicht besser. Schließlich beschloss man, den Gladbach zu kanalisieren. Bis in die 1930er Jahre dauerten die Arbeiten, dann war es geschafft - der Gladbach war verschwunden. Nur noch das kleine Stück offener Kanal war übriggeblieben.

Aber vielleicht bekommt der Bach noch einmal eine Chance. Denn ganz vergessen haben ihn die Gladbacher dann doch nicht. Johannes Jansen, kreativer Kopf der Freimeister, hat den Verlauf des Gladbaches 2009 in einer Kunstaktion mit blauen Schildern gekennzeichnet und so das historische Gladbachtal wieder sichtbar gemacht. Auch der Masterplan hat das Gladbachtal als besonderen Entwicklungsraum definiert. Und auf dem alten Reme-Gelände wird der Gladbach tatsächlich noch einmal zum prägenden Landschaftselement. "Die Renaturierung des Gladbachs in diesem Bereich ist das nächste Projekt, das die NEW angehen wird", sagt NEW-Vorstand Armin Marx. Die Entwicklung erfolge parallel zum Bebauungsplanverfahren. Auf dem Gelände soll unter der Überschrift "Wohnen am Gladbach" ein neues Wohngebiet entstehen - mit einem sich windenden, plätschernden, glitzernden Gladbach im Zentrum.

LITERATURTIPP ZUM THEMA GLADBACH: ROBERT LÜNENDONK "AUF DEN SPUREN DES GLADBACHS UND SEINER MÜHLEN, KLARTEXT-VERLAG, 2008.

(RP)
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