Borussia Mönchengladbach Fitmacher und Seelentröster Charly Stock wird 80

Mönchengladbach · Charly Stock ist mit Borussias größten Erfolgen verbunden. Er sorgte 28 Jahre dafür, dass die Fohlen fit waren. Am Montag feiert er.

 Als Charly Stock 1962 am Bökelberg anfing, nannte man Leute wie ihn noch schlicht "Masseur". Und es gab auch nicht wie heute eine "Abteilung" mit einem halben Dutzend Physiotherapeuten und Fitmachern.

Als Charly Stock 1962 am Bökelberg anfing, nannte man Leute wie ihn noch schlicht "Masseur". Und es gab auch nicht wie heute eine "Abteilung" mit einem halben Dutzend Physiotherapeuten und Fitmachern.

Foto: Walter Strucken

Vor vier Wochen erst war großes Treffen der Prominenz aus Borussias glorreichen Jahren, als Jupp Heynckes den Ehrenring der Stadt bekam. Am Montag schon werden sich etliche wiedersehen, darunter auch Heynckes. Denn Charly Stock hat zu seinem 80. Geburtstag eingeladen. Er ist der Mann, dessen "heilende Hände" fast drei Jahrzehnte nicht nur die Muskeln und Sehnen der Borussen in Bestform brachten, sondern der auch manch seelisches Wehwehchen heilte. Stock gehört wie Weisweiler, Netzer, Heynckes, Vogts & Co. mit zur legendären "Fohlenelf", die ab Mitte der 60er die Fußballfans in Gladbach, Deutschland und schließlich auch in Teilen der Welt begeisterte.

Als Charly Stock am 1. September 1962 am Bökelberg anfing, hatte er vom Fußball nach eigener Aussage so gut wie keine Ahnung. Schatzmeister Lorenz Hochheim hatte den 26-jährigen Berliner bei einer Kur in Bad Wörishofen kennen und schätzen gelernt. Damals nannte man Leute wie ihn schlicht "Masseur". Und es gab am Bökelberg nicht wie heute eine "Abteilung" mit einem halben Dutzend Physiotherapeuten und Fitmachern. Als Trainer Hennes Weisweiler 1964 nach Gladbach kam, hatte er nur Stock, holte sich allenfalls gelegentlich seinen Kollegen und Freund von der Sporthochschule Köln, Turn-Olympiasieger Helmut Bantz, zur Unterstützung, bis Erich Ribbeck als Konditionstrainer und Assistent kam.

Stock fuhr nach Düsseldorf, um sich bei Nationalmannschaftsmasseur Erich Deuser etwas abzuschauen, besuchte Lehrgänge des DFB. Und bekam schließlich auch mal den einen oder anderen jungen Kollegen an die Seite. Er blieb 28 Jahre "Masseur" am Bökelberg und war in der ganz großen Zeit Borussias, aber auch den weniger glücklichen Stunden dabei. "Mein nachhaltigstes Erlebnis war neben den beiden ersten Meistertiteln 1970 und 1971 das Jahr 1975 - als wir zum dritten Mal Meister wurden, dazu erstmals den Uefa-Cup gewannen - und Hennes Weisweiler uns verließ, um zum FC Barcelona zu gehen", sagt Stock.

Er hat diese Erfolge genossen - aber auch seinen Anteil daran gehabt. Nicht zuletzt auch als Mittler zwischen Spielern und den Trainern: Fritz Langner, Weisweiler, Udo Lattek, Heynckes, Wolf Werner und Gerd vom Bruch. Er war "Mini-Manager", wie "Vize" Helmut Grashoff ihn in seinem Buch "Die Launische Diva" nannte. Und selbst die Frauen der Spieler wandten sich schon mal mit Sorgen oder Problemen an ihn. So richtig ging er 1990, als sein Job auslief, nicht: Stock blieb noch elf Jahre im Dienste des Vereins. Er wurde Herbergsvater im Borussen-Internat "Fohlenstall", Beauftragter für Doping und Sicherheit, ist seit 1988 bis heute Ehrenratsmitglied, hat vor 25 Jahren die Traditionsmannschaft Weisweiler-Elf mitgegründet, mit der er bis heute verbandelt ist. Das Bewahren der Borussen-Tradition ist für Stock zur Lebensaufgabe geworden.

Er wollte mal ein Buch schreiben, ein bisschen Fortsetzungsgeschichte der "Launischen Diva". Das hätte interessant werden können. Aber er hat es nicht geschrieben - weil bislang unveröffentlichte Geschichten auch heute noch den einen oder anderen in Verlegenheit bringen könnten. Doch er hilft immer noch, wenn Journalisten die Telefonnummer eines der großen Borussen von einst brauchen, die immer noch mit Stock befreundet sind. Einen Teil seiner Schätze hat er inzwischen dem DFB-Museum in Dortmund "vermacht": den gebrochenen Torpfosten vom Bökelberg etwa, der 1971 fast den Meistertitel gekostet hätte. Oder Netzers Schuh aus dem Pokalfinale 1973, in dem der sich selbst in der Verlängerung einwechselte - und prompt das 2:1-Siegtor gegen den 1. FC Köln schoss.

Stock, zweifacher Großvater, muss dem Alter Tribut zollen. Die Beine machen nicht mehr so richtig mit, die Treppen in seinem Haus an der Viersener Straße werden zum Problem, gesteht er. Und rückt mit etwas Überraschendem heraus: "Ich bin absolut unsportlich." Na ja, Hauptsache, seine Borussen waren sportlich und fit genug.

(RP)
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