Mönchengladbach Der frühere Büroleiter wird jetzt Abgeordneter

Mönchengladbach · Andreas Terhaag leitete in den 90er Jahren das Büro eines Politikers der FDP im Landtag. Weil die Liberalen 1995 den Einzug verpassten, wurde Terhaag Ingenieur. Nun kehrt er zurück - als Abgeordneter.

 Der Fahrstuhl fährt nach oben. Andreas Terhaag wird Anfang November Abgeordneter im NRW-Landesparlament.

Der Fahrstuhl fährt nach oben. Andreas Terhaag wird Anfang November Abgeordneter im NRW-Landesparlament.

Foto: Isabella Raupold

Er war schon angekommen in der Schaltzentrale, wo die wichtigen landespolitischen Entscheidungen fallen. Das war Mitte der 90er, als der Mittzwanziger Andreas Terhaag Büroleiter eines FDP-Landtagsabgeordneten war. "Ja", sagt er heute, "da habe ich mit einer politischen Karriere geliebäugelt." Die war - zumindest vorläufig - nach der Landtagswahl 1995 kein Thema mehr.

Die Liberalen scheiterten damals an der Fünf-Prozent-Klausel und schafften nicht mehr den Sprung in den Landtag. Und Terhaag, der neben seinem Studium den Büroleiter-Job machte, war eben diesen los. "Das hat mich geerdet", erzählt er heute. Inzwischen ist er 47 Jahre alt, Versorgungsingenieur, hat Familie und ein Unternehmen mit 16 Mitarbeitern - und kehrt in den Landtag zurück. Anfang November wird er Nachfolger des FDP-Landtagsabgeordneten Kai Abruszat. Terhaag rückt über die Landesliste nach.

Als die Stimmen der Landtagswahl 2012 ausgezählt wurden, hat Terhaag gebangt, welche Konsequenzen das FDP-Ergebnis für ihn haben könnte. Monatelang waren die Liberalen im Tief, so dass Terhaag nicht damit rechnen konnte, in den Landtag zu kommen. Und das war ihm zu diesem Zeitpunkt auch nicht unrecht. Der Gladbacher bereitete zu diesem Zeitpunkt gerade seine Selbstständigkeit vor, alle seine Planungen waren auf die Unternehmensgründung ausgerichtet. Es wurde spannend - für die Partei und für ihn. Das Ergebnis für die FDP war besser, als man es monatelang erwarten durfte. Und Terhaag, auf Platz 24 der Landesliste, erlebte, wie hinter immer mehr Namen vor ihm ein Haken gemacht wurde - sie schafften es ins Landesparlament.

Am Ende zog der 22. Platz. Dann war Schluss. Und Terhaag trotz aller Freude über das FDP-Ergebnis auch erleichtert: "Wir haben die Unternehmensgründung zwei Jahre lang vorbereitet. Da hätte ich mich nicht einfach in die Landespolitik verabschieden können." Vor allem: Niemand hätte ihm garantieren können, dass es bei der Landtagswahl 2017 etwas mit einem Mandat werden würde - zu prägend sind da die Erfahrungen aus den 90er Jahren.

Terhaag baute mit seiner Ehefrau das Unternehmen auf, arbeitete nach einem politischen Sabbatjahr wieder in der FDP mit. Vor zweieinhalb Wochen nach dem ersten Durchgang der Bürgermeister-Wahlen kam der Anruf des FDP-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Christian Lindner. Nachdem bereits ein Abgeordneter der Liberalen sich beruflich anders orientiert hatte, wird Abruszat Bürgermeister in Stemwede. Und damit ging der nächste Abgeordnetenstuhl im Landtag an den Platz 24 der Landesliste - an Terhaag. "Es wäre schön, wenn du es machen würdest", hat Lindner Terhaag gesagt. Dieser schloss sich mit Ehefrau und Kindern kurz, strukturierte die Arbeit im Unternehmen um und sagte zu. "Ich habe alles abgewogen, schließlich habe ich Verantwortung für meine Familie und unsere Mitarbeiter. Wir haben noch jemanden eingestellt, und ich bin sicher: Es funktioniert", sagt er.

Gestern nahm er erstmals an der Fraktionssitzung teil. Bis er das Landtagsmandat übernimmt, werden aber noch einige Wochen vergeben. Der Grund: Abruszat hat sich in wichtige Themen - unter anderem die geplante 2,5-Prozent- Sperrklausel - eingearbeitet und will die Beratungen im Landtag noch begleiten. Mit Lindner hat Terhaag sein künftiges Einsatzgebiet abgesprochen. "Ich kann mir gut vorstellen, im Petitionsausschuss zu arbeiten. Was da behandelt wird, sind in sich abgeschlossene Themen", sagt Terhaag.

Und was ist, wenn der Ruf kommt, auch für den neuen Landtag 2017 zu kandidieren? Terhaag: "Das will ich erst dann entscheiden, wenn es akut wird. Nicht schon heute." Die Erfahrung von 1995 wirkt da nach.

(RP)
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